Die 40-jährige Patientin wurde mir von einem Überweiser geschickt, der die Behandlung an Zahn 47 bereits begonnen hatte. Er hatte korrekt trepaniert und auch alle Kanäle mesiobukkal, mesiolingual und distal aufgefunden, jedoch es nicht geschafft, deren unteres, stark gekrümmtes Drittel aufzubereiten. Er hat den Wurzelkanal nicht verblockt, sondern hat an der richtigen Stelle aufgehört zu behandeln und überwiesen. Die Patientin stand einen Tag später in meiner Praxis und klagte über hochakute Schmerzen, verursacht durch das entzündete Nervengewebe im apikalen Drittel.
Es brauchte für diese Indikation definitiv wärmebehandelte Feilen wie FQ (Komet Dental), die mir die nötige Flexibilität bieten. Denn theoretisch soll die Flexibilität dieser Instrumente gerade im Grenzbereich bei starken Krümmungsradien zu deutlichen
Aufbereitungsvorteilen führen. Ob ich das praktisch in diesem Extremfall würde umsetzen können, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Glücklicherweise gibt es überhaupt solche Weiterentwicklungen der Nickel-Titan-Produkte. Meine Entscheidung fiel außerdem auf das FQ-System, weil es Feilendurchmesser ISO 20-55 und Taper 04/06 bietet, mit denen sich
grundsätzlich ein Behandlungsspektrum von einfach bis komplex abdecken lässt. Und ich wusste, dass ich mit dem EndoPilot in mehrfacher Hinsicht eine sichere Komplettlösung an meiner Seite habe: als Apexlokator in Echtzeit mit Stoppfunktion, zur Aufbereitung und zur dreidimensionalen Obturation. Das alles war also einen Versuch wert, sich an einen Grenzfall zu wagen, der herausfordernd war und nicht alle Tage vorkommt.
Gerade bei stark gekrümmten Kanälen ist es wichtig, eine primäre Zugangskavität zu schaffen, die einen geradlinigen Zugang erlaubt. Durch die Vorarbeit des Kollegen musste ich hier nicht mehr viel dafür tun, aber grundsätzlich greife ich gerne zu zylindrischen Diamanten wie DIAO KP6882.314.012 (Komet Dental), dann zum EndoTracer (Komet Dental) in meinen
favorisierten Größen grün, rot und weiß und anschließend zur Patency Handfeile Gr. 010 (Komet Dental) sowie dem PathGlider in Gr. 015. Ich verschaffte mir also einen guten Überblick über die Kanalsysteme, wenngleich sich mit Blick von oben nichts Besonderes darstellte, die Herausforderung lag laut DVT ja mit den Krümmungen in der Tiefe.
Nach der Gleitpfaderstellung startete ich mit FQ (020/.04). Bereits hier wären normale, nicht vorbiegbare NiTi-Feilen ans Limit gekommen. Die neuralgische Grenze bei wärmebehandelten/nicht wärmebehandelten Feilen liegt für mein Empfinden exakt zwischen den Größen 015 und 020. Ich arbeitete mich also immer ein paar Schritte weiter im Kanal vorwärts von FQ (020/.04) zu FQ (020/.06). Das reichte mir aber noch nicht als Endaufbereitungsgröße und ich sprang auf FQ (025/.06). Zwischendurch spülte ich ausgiebig und rekapitulierte jeweils mit der Patency Handfeile. An dieser Stelle möchte ich herausstellen, dass dieser Fall schön aufzeigt, dass man sich nicht immer zwingend an ein starres Aufbereitungsprotokoll halten muss. Die Kombination beider Aufbereitungswege zeichnet das FQ-System besonders aus und kann übrigens auch für einfachere Fälle angewendet werden.
Ja absolut. Die Anatomie des Kanalsystems bestimmt die Art der Obturationsmethode. Mir war von Anfang an klar, dass dieser Fall nicht per DownPack und BackFill-Methode mittels der warmen vertikalen Kondensationstechnik zu lösen war. Der Grund: Die Krümmungen im apikalen Drittel waren in diesem Grenzfall ja mehrere Millimeter lang und somit wäre eine Warm/Vertikal-Kondensation kaum möglich gewesen. Aufbereitungsgröße und Taper waren dafür aber viel zu gering. Ich sah die Lösung in der hydraulischen, biokeramischen Wurzelfüllung mit KometBioSeal (Komet Dental).Ich erlebe jedes Mal große Erleichterung. Die Feilen sind sogar mit Foto hinterlegt. Auch individuelle Sequenzen und Marktneuzugänge können per Software-Update aufgespielt werden.
Ich brachte mit der grazilen Spritze KometBioSeal zu zwei Drittel in das Kanalsystem ein und erzeugte dann mit einem passenden Masterpoint den hydraulischen Druck für die Verteilung in die Spitze. Wichtig ist außerdem, die Guttapercha nach Abschmelzen koronal gut mit Pluggern zu verdichten, um den perfekten Verschluss des Kanalsystems zu erreichen. Die Abtrennung der Guttapercha klappt übrigens sauber mit der Heizspitze vom DownPack (eine mögliche Erweiterung des EndoPiloten), das ist eine viel einfachere Technik als mit einem über der Flamme erhitzten Instrument.
Dr. David William Christofzik
Wurzelwerk
Niemannsweg 46
24105 Kiel
Deutschland
Erstveröffentlichung in ZWP spezial 12/2023