„Das Auffinden aller Kanalsystembestandteile ist essenziell, das finale Ergebnis ist selten besser als der zuvor korrekt geschaffene Zugang.“

Erfolgsaussicht der endodontischen Therapie hängt von der möglichst vollständigen chemo-mechanischen Präparation und Obturation des Kanalsystems ab. Das Auffinden aller Kanalsystembestandteile ist essenziell, das finale Ergebnis ist selten besser als der zuvor korrekt geschaffene Zugang. Ein wichtiger Punkt sind die im Weiteren von Paul Krasner und Henry J. Rankow genannten Gesetze.13

„Law of Symmetry 1“: Die Kanaleingänge liegen in gleicher Entfernung einer gedachten Linie in mesiodistaler Richtung durch die Mitte des Pulpenkammerbodens (Ausnahme sind Oberkiefermolaren).
„Law of Symmetry 2“: Die Kanaleingänge liegen senkrecht einer gedachten Linie in mesio-distaler Richtung durch die Mitte des Pulpenkammerbodens (Ausnahme sind Oberkiefermolaren).
„Law of Orifice Location 1“: Die Kanaleingänge befinden sich immer an der Verbindung der Pulpenkammerwände mit dem Pulpenkammerboden.
„Law of Orifice Location 2“: Die Kanaleingänge befinden sich in den Eckpunkten des Übergangs vom Pulpenkammerboden bis zur Pulpenkammerwand.

Eine neue Klassifikation für die Anatomie des Pulpenkammerbodens von Molaren wurde von Ajinkya M. Pawar und Shishir Singh eingeführt15 und erleichtert häufig das Auffinden aller Wurzelkanäle.

Klassifizierung von Unterkiefermolaren (UK-Molaren)

  • H: Verbindet man in Unterkiefermolaren mit vier Kanälen die mesialen und distalen Kanaleingänge durch eine Linie und zieht eine weitere Linie durch die Mitte, ähnelt das erhaltene Bild dem Buchstaben „H“ (Abb. 1).
  • Y: In Unterkiefermolaren mit nur drei Kanaleingängen ähneln die durch die Kanaleingänge gezogenen Linien dem Buchstaben „Y“ (Abb. 2).
  • Y: In Unterkiefermolaren mit nur drei Kanaleingängen ähneln die durch die Kanaleingänge gezogenen Linien dem Buchstaben „Y“ (Abb. 2).
  • I: In Unterkiefermolaren mit nur zwei Kanalsystemen ähnelt die angelegte Linie dem Buchstaben „I“ (Abb. 3).
  • Andere: Grundsätzlich ist eine Vielzahl weiterer Konfigurationen möglich, diese können aber häufig durch die im
    ersten Teil benannten Regeln aufgefunden werden.

Eigene Beobachtungen im Laufe der klinischen Therapie zeigen auch folgende Konfigurationen:

  • H: Zähne mit einem mittleren mesialen Kanal zeigen immer eine sehr starke Symmetrie. Eine Linie verläuft durch die Kanaleingänge mesial sowie distal, eine weitere zentral durch diese Linie. Damit ähneln alle zusammen dem Buchstaben „H“, wobei der mittlere mesiale Kanal im Zentrum liegt (Abb. 4).
  • H mit zusätzlichen zwei Bindestrichen: Zähne mit einem mittleren mesialen Kanal und einem mittleren distalen Kanal zeigen bei Linienbildung den bei UK-Molaren bekannten Buchstaben „H“, wobei symmetrisch zum Mittelstrich zwei weitere Linien gezogen werden. Jeder dieser Mittelstriche zeigt nun auf einen Kanaleingang. Grundsätzlich zeigt sich immer eine starke Symmetrie (Abb. 5).
  • C: Ein C-förmiger Kanal befindet sich immer zentral im Pulpenkammerboden. Dabei liegen häufig an den Enden Erweiterungen vor (Abb. 6).

Dezentrale Lage: Bei einem Kanalsystem mit einer Radix enteromolaris befindet sich deren System immer dezentral. Das Verbinden der Linien ergibt keine Symmetrie. Das Kanalsystem der Radix enteromolaris wird nicht entsprechend der Symmetrieregeln aufgefunden. Hier hilft einzig das Verfolgen der im ersten Teil genannten Arbeitsschritte (Abb. 7).

Klassifizierung von Oberkiefermolaren (OK-Molaren)

  • K: In OK-Molaren mit vier Kanalsystemen ähneln Linien, die vom palatinalen zum distalen Kanaleingang gezogen werden, und Linien, die von der Mitte dieser Linie zu mesiobukkalen Kanalsystemen gezogen werden, dem Buchstaben „K“. Als weiteres Hilfsmittel zum Auffinden des zweiten mesiobukkalen Kanals kann eine Linie zwischen dem palatinalen Kanal und Mb1 gezogen werden. Alle weiteren mesialen Kanäle liegen mesial dieser Linie (blau, Abb. 8).
  • Y: In OK-Molaren mit ausnahmsweise nur drei Kanalsystemen bilden die Linien den Buchstaben „Y“ (Abb. 9). I: In Oberkiefermolaren ähnelt eine Linie, die durch die Kanaleingänge gezogen wird, dem Buchstaben „I“ (Abb. 10).
  • Andere: Grundsätzlich ist eine Vielzahl weiterer Konfigurationen möglich, diese können aber häufig durch die im ersten Teil benannten Regeln aufgefunden werden.

Eigene Beobachtungen im Laufe der klinischen Therapie zeigten weiter folgende Klassifikationen:

  • Linie Pal/Mb1: Bei OK-Molaren mit drei oder vier mesialen Kanalsystemen kann eine gedachte Linie zwischen dem palatinalen Kanal und Mb1 gezogen werden. Alle weiteren mesialen Kanäle liegen mesial dieser Linie (blau), sowie als weiteren Bezugspunkt parallel zur
    Randleiste (Abb. 11).
  • Linie Pal/Mb1 + Mb2/DB2: Bei Oberkiefermolaren mit zwei distalen Kanalsystemen befindet sich das zweite Kanalsystem senkrecht einer gedachten Linie vom palatinalen Kanalsystem zum ersten mesiobukkalen Kanalsystem (nach Mb1 und von dieser symmetrisch zum Mb2; Abb. 12).
    Bei OK-Molaren mit einem länglichen Kanalsystem befindet sich dieses zentral am Pulpenkammerboden (Abb. 13). Für die Schaffung der sekundären Zugangskavität eignen sich dann vollrotierend oder reziprok arbeitende Instrumente. Diese ermöglichen eine schonende Verlagerung der Kanaleingänge, ohne für einen übermäßigen Substanzabtrag zu sorgen.

Fazit

Der unbestritten wichtigste Schritt jeglicher Therapie ist die Durchführung einer sorgfältigen und vollumfänglichen Diagnostik. Ergibt sich nach einer sorgfältig erhobenen Anamnese und klinischen/radiologischen Diagnostik die Notwendigkeit eines endodontischen Eingreifens, ist die Schaffung der richtigen primären und sekundären Zugangskavität eine wichtige Voraussetzung sowohl für die möglichst vollständige chemomechanische Reinigung als auch die dreidimensionale Obturation des Kanalsystems.

Dr. med. dent. Günther Stöckl

Max-von-Müller-Str. 33
84056 Rottenburg
Deutschland

Dr. Stöckl

Erstveröffentlichung: „Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 2/23, OEMUS MEDIA AG

Auswirkungen unbehandelter Wurzelkanäle

Die American Association of Endodontics (AAE) formulierte 2010, dass für eine Steigerung der Erfolgswahrscheinlichkeit endodontisch behandelter Zähne die größtmögliche Menge des Pulpakomplexes entfernt werden muss. Das setzt voraus, dass alle Wurzelkanäle durch die Anatomiegesetze des Pulpakammerbodens aufgefunden werden. Dies ist nur möglich, wenn eine 360 ­Grad­Sicht auf die Schnittstelle Pulpenkammerwand/Pulpenkammerboden geschaffen wurde2. Costa et al. untersuchten 807 DVTs mit insgesamt 2.294 endodontisch behandelten Zähnen, wovon 281 (zwölf Prozent) mindestens einen unbehandelten Kanal zeigten. Die Häufigkeit einer apikalen Parodontitis in Zähnen mit wenigstens einem unbehandelten Kanal war signifikant höher im Vergleich zu Zähnen, bei denen alle Kanäle behandelt wurden (274/281, 98 Prozent vs. 1.736/2.013, 86 Prozent).

Die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer apikalen Parodontitis war mit noch mindestens einem unbehandelten Kanal 6,25­mal höher. Die mesiobukkale Wurzel von ersten Oberkiefermolaren zeigte am häufigsten unbehandelte Wurzelkanäle (114/154, 74 Prozent), wobei in dieser am häufigsten der zweite mesiobukkale Kanal nicht behandelt worden war (106/114, 93 Prozent). Sie folgerten daraus, dass endodontisch behandelte Zähne mit wenigstens einem unbehandelten Kanalsystem eine hohe Prävalenz für die Entwicklung einer posttherapeutischen apikalen Parodontitis aufwiesen3.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Baruwa et al.4 und auch Colakoglu et al., die zeigten, dass mit einer 5,5­ mal höheren Wahrscheinlichkeit ein ähnliches Risiko bei Oberkiefermolaren mit einem unbehandelten zweiten mesiobukkalen Kanal vorliegt.5 Karabucak et al. zeigten in ihrer Studie zur Prävalenz von apikaler Paradontitis bei Molaren und Prämolaren, dass unbehandelte Wurzelkanäle am häufigsten bei Oberkiefermolaren (zu 40,1 Prozent) und am seltensten bei Oberkieferprämolaren (zu 9,5 Prozent) auftreten/vorkommen.6 Allerdings sind auch im Unterkiefer unbehandelte Kanäle mit einer Wahrscheinlichkeit von 81,8 Prozent an der Entstehung einer apikalen Parodontits beteiligt.7

Auffinden und gleichzeitig Zahnsubstanz schonen

Das Auffinden aller Wurzelkanäle ist also ein entscheidender Schritt in der endodontischen Therapie. Aktuell gibt es Überlegungen, möglichst wenig gesunde Substanz zum Erreichen dieses Zieles zu opfern.

Als eine der Ersten beschrieben Clark und Khademi Konzepte (wie z. B. das Belassen von Teilen des Pulpenkammerdaches und folglich einer Schonung des perizervikalen Dentins), um letztendlich das Überleben des endodontisch behandelten Zahnes zu verbessern.8, 9 Mandil et al. beschrieben in ihrem Artikel das Belassen des Cingulums, der Crista transversa und von Teilen des Pulpenkammerdaches als Faktoren, welche die Frakturresistenz von endodontisch behandelten Zähnen erhöhen könnte. Sie bewerteten die Schonung des zervikalen Dentins als den wichtigsten Schritt für Funktion und Lebenserwartung des endodontisch behandelten Zahnes.10 Silva et al. folgerten aus ihrer Untersuchung, dass die verkleinerten Zugangskavitäten in der Endodontie wegen ihrer maximalen Schonung der Zahnsubstanz (vor allem des perizervikalen Dentins und damit einer möglichen Verbesserung der Frakturresistenz) immer mehr Aufmerksamkeit bekommen. Sie schlugen aufgrund der aktuell uneinheitlichen Namensgebung eine neue Nomenklatur vor und benannten auch die Probleme, die diese Konzepte mit sich bringen können. Dazu zählen z. B. eine schlechtere Visualisierung mit Gefahr von iatrogenen Komplikationen als auch erhöhte Schwierigkeiten beim Auffinden, bei der chemomechanischen Reinigung und der Obturation der Kanalsysteme.

Ein positiver Einfluss des Designs der Zugangskavität auf die Frakturresistenz ist momentan limitiert und kontrovers zu sehen.11

Die primäre Zugangskavität

Ballester et al. empfahlen, die primäre Zugangskavität so klein zu halten, sodass sie gerade noch praktikabel ist. Sie fanden ohne Zuhilfenahme des dentalen Operationsmikroskops bei minimalen Zugangskavitäten eine deutlich erhöhte Gefahr für das Nichtauffinden von Kanalsystemen. Der erhoffte Vorteil einer deutlich erhöhten Frakturresistenz bei Zähnen mit minimalistischem Zugang zeigte sich allerdings nur, wenn alle Randleisten des Zahnes unversehrt waren. Bei Verlust einer oder beider
Randleisten konnte diese nicht mehr nachgewiesen werden.12

Grundsätzlich sollten beim Anlegen der primären Zugangskavität diese Symmetriegesetze von Krasner und Rankow zu Hilfe genommen werden:13

  • Zentralitätsregel: Der Boden der Pulpakammer ist auf dem Nieau der Schmelz-Zement-Grenze immer im Zentrum des Zahnes lokalisiert.
  • Konzentrizitätsregel: Die Wände der Pulpakammer verlaufen auf Höhe der Schmelz-Zement-Grenze konzentrisch zur äußeren Zahnoberfläche.
  • Konzentrizitätsregel: Die Wände der Pulpakammer verlaufen auf Höhe der Schmelz-Zement-Grenze konzentrisch zur äußeren Zahnoberfläche.
  • Farbregel: Der Pulpakammerboden ist immer dunkler als die Pulpakammerwände. Nach Sondieren mit einer PA­-Sonde zum Erkennen der Schmelz­-Zement-Grenze, kann nach Abschätzung der Tiefe des Pulpenkammerdachs mit den Instrumenten 15802.314.014 und den Kronentrennern 4ZR 314.014 und ZR6801.314.014 bis zum Durchbrechen des Daches präpariert werden (Abb. 1a– c). Eine weitere Abtragung kann dann ohne die Gefahr einer Perforation des Pulpenkammerbodens mit dem EndoGuard durchgeführt werden, der eine nicht belegte Spitze besitzt.

Das Auffinden der Wurzelkanaleingänge – Teil 1

Zusätzlich zu den Punkten, welche das Auffinden von Kanaleingängen erleichtern, hat Ruddle 2011 folgende weitere formuliert14:

  • Restorative disassembly
  • Periodontal probing
  • Vision (magnifi cation + illumination)
  • Transillumination
  • Access cavity modifi cation
  • Radiographic diagnosis (+ cone- beam computed tomography; Abb. 2)
  • Knowledge of tooth anatomy (Abb. 3)
  • Color und symmetry (Abb. 4)
  • Long neck burs/Ultrasonics Long shaft Instruments (MicroOpener/Probe DG16; Abb. 5)
  • Red Line/White Line Test (Abb. 6)
  • Tests (Bubble Test/Fluorescecin/Pooling; Abb. 7)

Fazit

Die endodontische Therapie kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Wurzelkanäle gefunden und behandelt werden können. Dabei ist eine schonende Vorgehensweise essenziell. In diesem Teil wurde auf die Möglichkeiten eines schonenden Auffindens der Wurzelkanäle eingegangen.

In Teil 2 werden weitere Gesetze und Klassifikationen zur Anatomie des Pulpakammerbodens am Beispiel von Ober­- und Unterkiefer molaren vorgestellt.

Dr. med. dent. Günther Stöckl

Max-von-Müller-Str. 33
84056 Rottenburg
Deutschland

Dr. Stöckl

Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 4/22, OEMUS MEDIA AG“ bzw. „Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 2/23, OEMUS MEDIA AG

Von Meilenstein zu Meilenstein.

Vor inzwischen drei Jahren tauchte in der Welt der Endodontie eine neue reziproke Feile auf, die extrem flexibel, sicher und gleichzeitig ungewohnt hungrig war: die Procodile von Komet. Ihre Besonderheit und gleichzeitig ihr Erfolgsgeheimnis war der variabel getaperte Feilenkern, ein Patent von Komet. Dieser innovative Feilenkern ermöglichte auch bei gekrümmten Kanälen eine optimale Aufbereitung, bei gleichzeitig hoher Bruchsicherheit.

Ihre außergewöhnliche Flexibilität war zu dieser Zeit eine Antwort auf den Trend der wärmebehandelten Feilen. Die Procodile wurde ein großer Erfolg. In den Praxen der Endo-Einsteiger ebenso wie bei den Endo-Spezialisten. Dann stellte sich die Frage, wie man das Gute noch besser machen könnte? Die Antwort war für uns naheliegend. Wir kombinierten beide Ansätze. Das Ergebnis ist die neue Procodile Q. Die erste und einzige wärmebehandelte reziproke Feile mit variabel getapertem Feilenkern.

Variabel getaperter Feilenkern

Ideen machen keine Termine. Und manchmal kommen sie sogar nachts.

Oft kommen innovative Ideen in gemeinsamen Meetings oder Workshops. Manchmal aber auch nachts. Wie im Falle des variabel getaperten Feilenkerns. Es war die Phase nach einem abgeschlossenen Projekt, der Arbeit am R6 ReziFlow System. Wenn man leidenschaftlicher Entwickler ist, kann man seinen Kopf nicht einfach abschalten, auch wenn das Projekt beendet ist. Der Kopf arbeitet und sucht weiter. Weil unser Endo-Entwickler das weiß, hat er immer einen kleinen Notizblock neben dem Bett liegen. Und so wachte er nachts plötzlich auf und machte sich eine Notiz. Als er die Notiz am nächsten Morgen mit der Produktion besprach, wusste er: daraus kann man gemeinsam etwas Großes entwickeln. Es war die Geburtsstunde des variabel getaperten Feilenkerns.

Vor der Endo steht das Endoneering.

Bei Komet Dental arbeitet ein Team von Ingenieuren daran die Endodontie in allen Bereichen, für Einsteiger bis zum erfahrenen Spezialisten, besser und sicherer zu machen. Die Ingenieurskunst im Bereich Endodontie ist vor allem auf Mehrwert generierende Produkte und Innovation fokussiert. Das ist der Weg, mit dem sich Komet innerhalb weniger Jahre einen Namen in diesem für unsere Marke neuen Segment gemacht hat. Mit neuen Werkstoffen und mit innovativen Verfahren für zukunftsweisende Behandlungsmethoden bzw. -abläufe. Die Ideen für neue Produkte kommen aus vielen Bereichen. Egal ob intern aus den einzelnen Fachabteilungen oder extern über den Anwender. Überzeugende Ideen werden bei Komet begeistert angegangen. Erst recht, wenn sie so innovativ sind wie ein variabel getaperter Feilenkern.

Sie möchten Procodile Q testen? Dann sprechen Sie gerne Ihren/Ihre Medizinproduktberater/in an:

Oder sichern Sie sich Procodile Q direkt im Komet Store:

Dr. David William Christofzik, Kiel, ist bei der maschinellen Wurzelkanalaufbereitung ein überzeugter „Rotierer“. Wir sprechen also mit jemandem, der noch nie ein Befürworter der reziprokierenden Bewegung war und jetzt unsere Neuheit, die Procodile Q-Feile getestet hat. Uuuuups! Wie also das Gespräch starten bei solch einer Anti-Haltung? Erstaunlicherweise sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus…

Herr Dr. Christofzik, Sie gehören zu den ersten Testern von Procodile Q …

Dr. Christofzik: … ja, das war wirklich mutig von Ihnen, ausgerechnet mich anzusprechen. Ich arbeite eigentlich aus tiefer Überzeugung rotierend.

Warum eigentlich?

Dr. Christofzik: Weil es mir bei vielen reziproken Systemen an Taktilität und Rückmeldung aus dem Kanal fehlt. Gerade in Fällen mit stärkeren Krümmungen und Obliterationen brauche ich diese Information aus dem Kanal, um eine sichere Aufbereitung zu ermöglichen.

Warum haben Sie sich dennoch auf Tests mit Procodile Q eingelassen?

Dr. Christofzik: Weil mir ein Aspekt bereits vor zirka zwei Jahren an der Procodile-Feile gefiel. Die arbeitet in allen gängigen reziproken Antrieben, aber den herausragenden Unterschied macht sie für mich in der ReFlex-Bewegung des EndoPiloten. Auf diese Weise sprechen wir von keinem stupiden „Vor und Zurück“ mehr, sondern von einer intelligenten Bewegung.

Was verstehen Sie unter einer „intelligenten“ Bewegung?

Dr. Christofzik: Jede Feile verformt sich ja beim Einsatz im Wurzelkanal in gewisser Weise. Oben wird gedreht und es stellt sich die Frage: Kommt die Bewegung auch an der Feilenspitze an? ReFlex ermittelt zusätzlich zum Drehmoment am Instrumentenschaft die auftretende Torsionsspannung des Instrumentes und kontrolliert apikal, zentral und koronal durch kaum wahrnehmbare Messpausen. Die geben der Feile zusätzlich die Möglichkeit, sich zu entspannen, falls sie unter Spannung geraten ist. Die weitere Bewegung wird je nach Belastung vom EndoPiloten dann individuell angepasst. Damit war für mich zum ersten Mal ein Feedback bei einem reziprokierenden System gegeben und ich kann sagen: Damit lässt sich arbeiten!

Welche weiteren Gründe kamen für Sie hinzu?

Dr. Christofzik: Es geht bei der Weiterentwicklung reziprokierender Feilen nicht primär darum, Feilenbrüche oder Screw-In Effekte zu beheben. Dafür sorgt ja die reziprokierende Bewegungsform an sich. Nein, vielmehr geht es darum, eine gute Taktiliät und Flexibilität im Wurzelkanal zu erleben, damit keine Fehlaufbereitungen durch z.B. ein zu schnelles Vorgehen oder einen zu hohen Druck aufs Instrument passieren. Über Taktilität haben wir soeben gesprochen.

Bleibt noch die Frage nach mehr Flexibilität!

Dr. Christofzik: Flexibilität wird bei Procodile Q gleich zweifach unterstützt: Der Kern der Feile ist variabel getapert, d.h. dass der Durchmesser des Kerns zum Schaft hin abnimmt und die Feile damit im sonst sehr starren koronalen Anteil deutlich flexibler wird. Durch die Wärmebehandlung der Feile werden die Rückstellkräfte verringert und durch die höhere Resistenz vor zyklischer Ermüdung eine höhere Sicherheit im Kanal erreicht.

Nun ist die Wärmebehandlung von Feilen per se aber nicht neu!

Dr. Christofzik: Das ist korrekt, aber einmalig bei Procodile Q ist tatsächlich die ausgewogene Kombination aus Wärmebehandlung, getapertem Feilenkern und ReFlex-Bewegung. Das macht die Feile weich, taktil, flexibel und gleichzeitig effizient beim Abtrag von Debris. Ich würde sagen, hier wurden viele Faktoren richtig gut aufeinander abgestimmt.

Wie bewerten Sie es, dass wir uns bei Procodile Q für relativ geringe Taper entschieden haben?

Dr. Christofzik: Mit Taper .04, .05 und .06 liegt Procodile Q absolut im Trend und hat in Konkurrenz zu anderen wärmebehandelten Feilen die Nase vorne. Die anderen besitzen einen größeren Taper. Das wiederum passt sehr gut zum Komet Endo Portfolio, denn anschließend ist sowohl eine warm-vertikale Obturation als auch die Obturation mit dem biokeramische Sealer KometBioSeal möglich.

Wie schätzen Sie aus Ihrer bisherigen Erfahrung die Standzeit von Procodile Q ein?

Dr. Christofzik: Es lässt sich eigentlich jetzt schon vorhersagen, dass durch das variabel getaperte Design und die Wärmebehandlung sehr gute Standzeiten prognostiziert sind. Bis jetzt habe ich noch keine Feilenfraktur erlebt.

Sehen Sie das System nun eher in der Hand des Allrounders oder des Spezialisten?
Dr. Christofzik: Da mache ich keinen Unterschied. Procodile Q gibt dem Generalisten eine gute Portion mehr Sicherheit, während der Spezialist durch die hohe Variabilität an Tapern und Größen der Feile die Möglichkeit erhält, ganz individuell auf komplizierte Kanalstrukturen zu reagieren. Die Wärmebehandlung ermöglicht es zusätzlich die Feilen vorzubiegen. Das hilft, z.B. Hindernisse im Kanal wie z.B. Stufen zu überwinden.

Würden Sie das Resümee ziehen, dass durch Procodile Q komplexe Kanalstrukturen nun deutlich sicherer aufzubereiten sind?

Dr. Christofzik: Absolut. Procodile Q ist eine wirklich gute und konsequente Weiterentwicklung der Procodile-Feile. Soweit, dass mich ein reziprokes System überzeugen konnte!

Vielen Dank für das Gespräch.    

Kontakt

Dr. David William Christofzik

Wurzelwerk
Niemannsweg 46
24105 Kiel
Deutschland

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Der zeitliche und materielle Aufwand ist groß, wenn man eine endodontische Behandlung nach dem heutigen Wissensstand durchführt. Zahn ist nicht gleich Zahn. Die Kanalanatomie variiert nicht nur nach Art des Zahns, sondern auch innerhalb derselben Zahngruppe. So ist es nachvollziehbar, dass sich sowohl die auf die Endodontie spezialisierten als auch allgemein tätigen Zahnärzte eine Vereinfachung des Procederes wünschen. Und natürlich soll es sicher sein. So entstand ein klarer Trend zur Dezimierung des Instrumentariums. Beispielhaft dafür steht das 2-Feilensystem F360.

Alles was man braucht
Wer auf F360 ein- bzw. umsteigt, kann sich über folgende Parameter freuen: Die Feilen sind mit allen drehmomentbegrenzten Endomotoren und -Winkelstücken in rotierender Arbeitsweise kompatibel. Die meisten Wurzelkanäle können mit nur zwei Feilen in den Größen 025 und 035 aufbereitet werden, für weite Kanäle stehen Feilen in den Zusatzgrößen 045 und 055 zur Verfügung, jeweils mit 4% Konizität. F360 arbeitet voll rotierend mit 300 U/min und einem Drehmoment von 1,8 Ncm in allen vier Größen. Ich empfinde das System daher sehr übersichtlich, zeitsparend und vergleichsweise kostengünstig. Die Feilen sind steril verpackt und zum Einmalgebrauch vorgesehen, womit die initiale Sterilisation und Aufbereitung als Arbeitsschritte in der Praxis entfallen.

F360
2-Feilensystem F360

Ein Fallbeispiel
Diagnose: Die 51jährige Patientin stellte sich mit pochenden Schmerzen im rechten Unterkiefer vor. Den schmerzenden Zahn konnte die Patientin genau lokalisieren (Zahn 47). Der Zahn war mesial-okklusal mit einer Glasionomerfüllung versorgt, die mesial frakturiert war. Der Sensibilitätstest war hoch positiv und der Perkussionstest negativ. Die Sondierungstiefen lagen im physiologischen Bereich und der Zahn war nicht gelockert. Die Ausgangsaufnahme zeigt eine insuffiziente Füllung an Zahn 47 mesial. (Abb. 1). Unter Lokalanästhesie wurde der Zahn 47 kariesfrei exkaviert, die Kronenpulpa entfernt und eine medikamentöse Einlage mit Ledermix (Fa. Lederle) sowie ein provisorischer Verschluss mit einem Schaumstoffpellet und Cavit (Fa. 3MEspe) durchgeführt. Die Patientin wurde über die anstehende endodontische Behandlung des Zahns 47 aufgeklärt (Diagnose: irreversible Pulpitis an Zahn 47).

Maschinelle Wurzelkanalaufbereitung: Es erfolgte zunächst ein präendodontischer adhäsiver Aufbau an Zahn 47 mesial. Nach Lokalanästhesie und Anlegen des Kofferdams wurde der Zahn eröffnet und die Pulpakammer von Medikamentenresten gereinigt. Zur Darstellung der Kanaleingänge verwendete ich den Rosenbohrer EndoTracer für die Isthmuspräparation. Dabei wurde ein geradliniger Zugang zu den Kanälen geschaffen. Darauf folgte die Erweiterung der Kanaleingänge mit Gates-Glidden-Bohrern. Die Pulpakammer und Kanaleingänge wurden zwischen den einzelnen Arbeitsschritten immer wieder mit Natriumhypochlorid 1% gespült. Im nächsten Schritt wurden die Kanäle nacheinander mit C-Pilot-Feilen (Fa. VDW) sondiert und die Länge endometrisch bestimmt (RootZX, Fa. Morita).
Die nachfolgende Röntgenmessaufnahme zeigte die Referenzpunkte und die apikale Situation nicht vollständig. Auf eine Wiederholung der Röntgenmessaufnahme wurde verzichtet. Die endometrischen Werte wurden jedoch nochmals überprüft und die Arbeitslängen schließlich festgelegt. Jetzt erfolgte die Gleitpfadpräparation in den beiden mesialen Kanälen bis zur ISO Größe 15 mit Handinstrumenten. Im distalen Kanal konnte die initial apikale Feile bereits in ISO Größe 20 eingebracht werden, so dass hier direkt mit der F360 weiter gearbeitet wurde.
Zunächst wurde die F360 25.04 in den beiden mesialen Kanälen in kontinuierlichen Auf- und Abwärtsbewegungen (picking motion) eingesetzt, bis die Arbeitslänge erreicht war. Zwischenspülungen erfolgten nach jeweils drei pickenden Bewegungen mit NaOCl 1% und die mit Debris gefüllten Spanräume der Feile wurden im mit Alkohol gefüllten Interimsstand gereinigt. Nach Erreichen der Arbeitslänge mit der F360 25.04 wurden die Kanäle erneut mit NaOCl 1% gespült.
Der distale Kanal wies eine in orovestibulärer Richtung ovale Form auf. Um auch hier die Kanalwände maschinell präparieren zu können, wurde F360 gleichzeitig zu den Auf-Abwärtsbewegungen auch in seitlich bürstenden Bewegungen (brushing motion) eingesetzt, ähnlich dem circumferential filing. Das oben beschriebene Vorgehen erfolgte in gleicher Weise danach mit der F360 in Größe 35.04.


Schallaktivierung: Zum Abschluss wurden alle drei Kanäle mit NaOCl 1% gefüllt und die Flüssigkeit pro Kanal mittels der Schallspitze SF65 jeweils dreimal für 20 Sekunden schallaktiviert. Danach erfolgte die Abschlussspülung mit 20%iger Zitronensäure.

Wurzelfüllung: Die Kanäle wurden mit Papierspitzen getrocknet und die Guttaperchapoints in Größe 35.04 angepasst, so dass diese auf Arbeitslänge leicht klemmten (sog. „tug back“). Zur Kontrolle der vollständig aufbereiteten Kanäle wurde eine Masterpointaufnahme angefertigt (Abb. 2). Die Wurzelfüllung erfolgte dann mit den angepassten Masterpoints und dem Sealer AH+ (Fa. Dentsply). Da die Kanaleingänge initial mit Gates-Glidden-Bohrern erweitert wurden, füllten die Guttaperchapoints den oberen Kanalanteil nicht aus, so dass hier die alleinige Einstiftmethode für die Wurzelfüllung nicht in Frage kam. Daher wurde die Guttapercha im oberen Kanalanteil mittels Hitzeträger abgeschmolzen und mit einem passenden Plugger die noch warme Guttapercha im Kanal nach apikal kondensiert. Der koronale Kanalabschnitt wurde anschließend bis kurz unterhalb der Kanaleingänge mit warmer Guttapercha aufgefüllt. Die Pulpakammer und die Kanaleingänge wurden abschließend versäubert und der Zahn adhäsiv mit Composite verschlossen. Am Ende der Behandlung wurde eine Kontrollaufnahme angefertigt (Abb. 3).

Mein Resümee
Eine Aufbereitung mit F360 ist auch bei starker Wurzelkrümmung gut machbar und außerdem scheinen vollrotierende Systeme eine geringere apikale Debrisextrusion zu verursachen. Bei der Anwendung im Kanal sollte auf die kontinuierliche Auf- und Abwärtsbewegung geachtet werden. Ungeübten empfehle ich eine Trainingsphase zunächst an Acrylblöcken und extrahierten Zähnen, um die Arbeitsweise der F360 Feile nach verfolgen zu können und ein Gefühl für die Schneidfreudigkeit zu bekommen. Die Möglichkeit der optischen Kontrolle des Spanabtrags ist ebenfalls von Vorteil, um später besser Abschätzen zu können, wie oft die Feile im Interimsstand von Dentinspänen gesäubert werden sollte. Mit F360 halten Einsteiger wie Endo-Profis ein zeitsparendes und kostengünstiges Aufbereitungssystem in Händen, mit dem eine Vielzahl endodontischer Problemstellungen in der täglichen Praxis gelöst werden können.

Portraitfoto Dr. Hülsmann

Kontakt:
Dr. Tina Hülsmann
c/o Dürholt Zahnärzte
Marienstr. 1
32105 Bad Salzuflen
Tel. 05222-83800
t.huelsmann@dr-duerholt.de

Sind noch Fragen offen geblieben? Sprechen Sie Ihren/e Endofachberater/in an.

Jeder Zahnarzt kennt die kritische Entscheidung, ob ein endodontisch vorbehandelter Zahn mit einer frakturierten, klinischen Krone durch eine geeignete Rekonstruktion mittels eines Stift- oder Schraubenaufbaus überhaupt noch behandelt werden kann. Ist dann überhaupt noch genügend Retention für den späteren Aufbau und die prothetische Versorgung gegeben? Limitierende Faktoren sind der Zustand des Dentins im Bereich des Kanaleingangs, der Grad der Zerstörung des Zahnes (häufig sind diese Zähne stark kariös und bieten nur noch wenig gesunde Zahnhartsubstanz), die Kanalanatomie und die zu erwartende biologische Breite für die geplante spätere prothetische Versorgung. Im Grundsatz stellt sich für uns Zahnärzte also die Frage: Gibt es in solchen Grenzfällen einen Wurzelstift, mit dem trotz aller widriger Umstände ein stabiles und ästhetisches Langzeitresultat erzielt werden kann?

Der Markt bietet Wurzelstifte aus unterschiedlichen Materialien (z. B. glasfaserverstärktes Komposit, Titan, Zirkonoxid, Gusslegierung) und in umfassenden Formen und Größen an. Sie bedienen diverse Indikationen und Aufbaumöglichkeiten. Nun sind wir keine ausgewiesene Spezialpraxis für Endodontie, sind aber im Praxisalltag mit vielen Extremsituationen mit hohem Zerstörungsgrad konfrontiert. 2015 wurde ich auf den beschichteten Glasfaserstift DentinPost X Coated (DPXCL6) aufmerksam. Er sticht durch drei besondere Eigenschaften hervor: seine Beschichtung, den ausgeprägten Retentionskopf und die extrem kurze Schaftlänge. Die Beschichtung (vollständig silikatisiert, silanisiert und mit einer haftvermittelnden Polymerschicht versehen) sorgt für eine sehr gute Retention, denn zwischen Stift und Komposit kann eine identische Grenzfläche von apikal bis koronal entstehen. Der große Retentionskopf fällt sofort ins Auge und sorgt für eine gut verteilte Kraftübertragung in den Bereich der Wurzel.

Die kurze Schaftlänge von nur 6 mm folgt laut Herstellerangabe dem Ergebnis von Spannungsverteilungstests, die ergaben, dass es bei kurzen Stiften im apikalen Bereich keine nennenswerte Spannungszunahme gibt. Aufgrund der geringen Verankerungstiefe wird die Zahnwurzel also nicht zusätzlich geschwächt und der Behandler läuft nicht Gefahr einer Via falsa. Inzwischen arbeite ich seit drei Jahren mit dem DentinPost X Coated-Set. Es enthält neben den zehn DPXCL6-Wurzelstiften in einer Größe (070 bzw. 090) die zugehörigen Aufbereitungsinstrumente, also einen Pilotbohrer (Ref. 183LB), einen Erweiterer (Reamer, Ref. 196S) und ein Aufrauinstrument (Ref. 196DS). Der DPXCL6 ergibt mit dem in unserer Praxis individuell angefertigten CEREC-Keramikzahnersatz eine wunderbare Kombination: Schnell, unkompliziert und professionell kommen wir selbst bei Grenzfällen zu beeindruckenden Ergebnissen in kürzester Zeit, wie der folgende Patientenfall zeigt.

Patientenfall

Bei dem 76-jährigen Patienten ist Zahn 22 isogingival frakturiert, die Pulpa sichtbar, Schmerzen vorhanden. Bei der Überlegung, wie der Zahn wieder aufgebaut werden kann, fällt die Entscheidung gegen eine Implantation, denn es handelt sich um einen Marcumar-Patienten mit eingeschränkter Compliance. Auf dem röntgenologischen Befund stellt sich die Wurzel von Zahn 22 einwandfrei dar. Die Voraussetzung für den DPXCL6 ist in diesem Fall gegeben, weil eine zirkuläre koronale Restsubstanz von 2,00 mm bei dem Patienten gerade noch vorhanden ist. Der kurze Stift erfordert außerdem ein Ferrule-Design (sonst chirurgische Kronenverlängerung) und eine apikale Restwurzelfüllung von mindestens 4 mm.

Nach der Wurzelbehandlung stellt die Instrumentierung beim DPXCL6 eine kleine Ausnahme innerhalb des bekannten ER-Systems dar. Mit dem Erweiterer 196S können der Retentionskasten und das Stiftbett gleichzeitig präpariert werden. Da dieser formkongruent zum Wurzelstift ist, kann ich mich mit Sicht auf die tiefliegende Guttapercha sehr gut im Kanal orientieren. Anschließend geben ein Röntgenbild und eine Passprobe Klarheit über die Gesamtsituation.

Krone abgebrochen

Nun folgt die mechanische Konditionierung mit dem Aufrauinstrument 196DS durch zwei- bis dreimaliges druckloses Rotieren. Die Insertion des DPXCL6 geschieht anschließend mit geringem Druck. Unter leicht drehender Bewegung wird das Handlingsteil einfach abgeknickt. Zur Stiftbefestigung und zum Stiftaufbau verwende ich das selbstätzende Adhäsiv Dentin-Bond Evo und DentinBuild Evo (beide Komet Dental) als Komposit aus der Minimix-Spritze. Beide Produkte sind dualhärtend.

Nach der Präparation, dem Legen eines Retraktionsfadens, dem Scan mit der Omnicam (Dentsply Sirona), der Konstruktion mit der Software 4.5 und der Farbnahme mittels Easyshade®-Guide (VITA) konnte der Patient circa 20 Minuten im Wartezimmer Platz nehmen. Währenddessen wird der neue Zahn per CEREC aus Celtra Duo (Dentsply Sirona) ausgeschliffen, dann am Patienten anprobiert, individualisiert und anschließend im Ofen kristallisiert, wodurch wir eine Härte von 370 MPa erhalten. Nach insgesamt nur zwei Stunden konnte der Patient mit einer ästhetisch und funktionell einwandfreien Frontzahnreihe die Praxis wieder verlassen.

Glasfaserstift

Resümee: Grenzfall im Grenzfall

Mir ist bewusst: Dies ist ein extremer Fall für eine Stiftversorgung. Die Vorgaben für einen Wurzelstift (koronale Restsubstanz von 2,00 mm) waren nur grenzwertig erfüllt. Bei korrekter Abwägung blieben dem Risikopatienten jedoch ein extrem invasiver Eingriff, sprich Extraktion und Implantation, erspart. Der „Grenzfall im Grenzfall“ konnte dank des kurzen Wurzelstiftes DPXCL6 zur vollsten Zufriedenheit für Behandler und Patient minimalinvasiv umgesetzt werden. Behandlungen dieser Art, bei denen ich mich „weit aus dem Fenster lehne“, sind in meiner Praxis tatsächlich zur Routine geworden: schnell, unkompliziert, nicht invasiv und mit einer guten Langzeitprognose.

Ich empfinde es als sehr vorteilhaft, dass in dem Set jeweils zehn DPXCL6-Stifte mit dem komplett passenden Instrumentarium ausgestattet sind (Pilotbohrer 183LB, Erweiterer 196S und Aufrauinstrument 196DS). Das verhindert den versehentlichen Einsatz etwaiger stumpfer Instrumente. Dank der CEREC-Fertigung können unangenehme Abdrücke oder Provisorien sowie ein weiterer Behandlungstermin zum Einsetzen der Restauration entfallen. Dadurch ist man sehr flexibel im Praxisalltag und kann auch spontan viele sonst schwierige Fälle adäquat rekonstruieren. Der zahnfarbene Glasfaserstift DPXCL6 unterstützt das ästhetische Ergebnis maßgeblich.

Kontakt

Dr. Hendrik Zellerhoff
Königstraße 20
48366 Laer
hzelle@gmx.de

Zweitveröffentlichung aus Endodontie Journal 03/2017