Herr Dr. Roggendorf, Sie sind beliebter Tutor unserer Fortbildungsreihe EndoFIT. Sitzen da auch Anfänger, die noch nie maschinell aufbereitet haben?

PD Dr. Roggendorf: Ja, immer wieder sehe ich, dass gerade Kolleginnen und Kollegen mit längerer Berufserfahrung noch nahezu ausschließlich mit Handinstrumenten arbeiten. Das ist erstaunlich, weil diese Methode einen ordentlichen Zeitaufwand bedeutet und nach intensiver Arbeit auch schon mal der Zeigefinger und Daumen der Arbeitshand in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich sage dann immer, dass wenn sie mit dieser Methode klarkommen, keine Notwendigkeit zur Umstellung der Vorgehensweise besteht. Die Handaufbereitung ist und muss nicht schlechter sein. Vielmehr haben Studien zeigen können, dass gerade die geringen Kräfte, die bei der Handaufbereitung resultieren, in der Tat auch einen protektiven Effekt haben. So verdient diese Arbeitsweise meinen höchsten Respekt. Allerdings können die modernen Instrumente durch die maschinelle Aufbereitung die Arbeit erleichtern und eine optimale Ausformung des Kanalsystems ermöglichen. Zudem wird durch das Prinzip der archimedischen Schraube eine Überpressung von Debris reduziert.

Immer geht es bei EndoFIT darum, das korrekte Instrumentieren bei der Wurzelkanalaufbereitung zu vermitteln. Was sind die größten Hürden, die dabei genommen werden müssen?

PD Dr. Roggendorf: Betrachtet man ältere Feilen, die aufgrund der Anzahl der benötigten Feilen bis zur finalen Aufbereitungsgröße und ihres Designs noch recht kritisch in der Anwendung zu beurteilen waren, so muss man heute feststellen, dass aktuelle Systeme wie Procodile Q oder F360 den Anwendern kaum Probleme bereiten. Bedingt durch die sehr guten Schneidleistungen beider Systeme lässt sich bereits mit relativ wenig Erfahrung ein gutes Ergebnis erzielen – eine Kenntnis der Instrumenteneigenschaften vorausgesetzt. Probleme liegen eher in einem zu geringen Spülvolumen, dem Verzicht auf ein regelmäßiges Checken per Handfeile zur Kontrolle der Patency oder in einer zu langen Anwendung der Feile im Kanal. Hier können etwa eine Verkürzung der Arbeitslänge, eine Begradigung des Kanals, apikale Überpressungen von Dentinspänen oder auch eine Instrumentenfraktur resultieren. Über Instrumentenfrakturen kann ich aber insgesamt wenig berichten, da bei beiden Feilensystemen die Schneidleistung und Frakturresistenz hervorragend abgestimmt sind.

Nun arbeitet Procodile Q reziprokierend und F360 rotierend. Was empfehlen Sie?

PD Dr. Roggendorf: Der Erfolg in der Wurzelkanalaufbereitung ist meines Erachtens weniger eine Frage des Antriebmusters als vielmehr der korrekten Anwendung des jeweiligen Instruments. Das wisst ihr doch auch bei Komet Dental! Ihr seid Anbieter von reziprokierenden Systemen, habt diese modifiziert, und bietet auch weiterhin klassische und vollrotierende Instrumente an. Der Markt ist für beide Antriebsarten vorhanden und es ist eine Frage des persönlichen Geschmacks und des Handlings. Ich habe auch Patienten, die vollrotierende Systeme akustisch als angenehmer empfinden als reziprokierende. Vollrotierende Systeme hatten gegenüber den reziprokierenden Systemen den Vorteil, dass sie gleichmäßiger abgestuft waren und somit gewissermaßen jeder Anwender seinen Baukasten zusammenstellen konnte. Dieser Nachteil von fehlenden Instrumentengrößen wurde für reziprokierende Instrumente eigentlich erst mit Procodile behoben.

Was ist denn Ihre ganz persönliche Lieblingsfeile?

PD Dr. Roggendorf: Ich bin immer noch ein Fan der vollrotierenden 4-prozentigen F360, aber ich merke immer mehr, dass ich zunehmend Procodile und jetzt die Procodile Q einsetze. Und natürlich ist die thermische Behandlung der Procodile Q ein unüberbietbarer Vorteil, den ich bei der F360 nicht habe. In stärker gekrümmten Wurzelkanälen ist die Vollrotation nicht thermisch behandelter Instrumente, auch wenn diese einen 4-prozentigen Durchmesser aufweisen, leider immer noch mit einem gewissen Risiko der Instrumentenfraktur verbunden. Ich behandle also nach wie vor die meisten Fälle mit der F360, und ziehe gerne auch bei Procodile eine F360 hinzu, wobei ich deren höhere Rigidität für das laterale Shaping nutze, weil sich hiermit eine gezielte laterale Bearbeitung etwa bei einem ovalen palatinalen Kanal realisieren lässt.

Und egal ob F360 oder Procodile Q – alle werden im EndoPilot angetrieben?

PD Dr. Roggendorf: Ja, der EndoPilot stellt einen sehr zuverlässigen Partner für Procodile Q und F360 dar, wobei die technische Konzeption des Gerätes mit den zuverlässigen Anschlüssen längst nicht branchenüblich ist. Schlagwort Patientensicherheit: Da punktet der EndoPilot durch seine akkurate elektrische Längenbestimmung. Die simultane elektrische Längenmessung, die falls gewünscht, permanent eingesetzt werden kann, ist in ihrer Ausführung mit dem zugehörigen Winkelstück, welches über eine Durchleitung des Signals verfügt, ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal. So kann die Arbeitslänge zuverlässig mit jeder eingesetzten Feile ermittelt und überwacht werden, wodurch Über- oder Unterinstrumentierungen verhindert werden können. Durch seinen intelligenten Antrieb und der ReFlex-Bewegung insbesondere für Procodile Q haben wir keine stereotypen Bewegungen mehr. Diese werden ganz gezielt an die jeweilige Situation anpasst. Die permanente Kontrolle der anliegenden Rückstellkraft ist eine sehr interessante Möglichkeit, die hier erstmals zum Einsatz kommt. Zugleich dient sie der Erhöhung der Arbeitssicherheit und nicht zuletzt der Schonung der Zahnhartsubstanz.

Wie erleben Sie bei EndoFIT-Kursen die Lernkurve beim Umgang mit dem EndoPiloten und seinen Sicherheits-Features?

PD Dr. Roggendorf: Die meisten Kolleginnen und Kollegen haben eine steile bis sehr steile Lernkurve, so dass die Instrumentierung mit den maschinellen Systemen bereits im Rahmen der EndoFIT-Kurse positive Ergebnisse zeigt. Einerseits ist das natürlich durch Erfahrungsschatz und manuelle Geschicklichkeit bedingt. Andererseits sind die maschinellen Systeme wie Procodile Q und F360 mittlerweile so sicher in der Handhabung, dass eine erfolgreiche Instrumentierung in den meisten Fällen gelingt. Die Kombination aus Geschick, zunehmender Erfahrung mit dem jeweiligen System und die Durchführung der erforderlichen Behandlungsschritte wie ausreichende Spülung und regelmäßiges Rekapitulieren sind letztlich ausschlaggebend, dass die Instrumentierung vorhersagbare Ergebnisse bringt.

Vielen Dank für das Gespräch.

PD Dr. Roggendorf: Sehr gerne.

PH Dr. Roggendorf

Kontakt:

PD Dr. Matthias J. Roggendorf

Oberarzt

Funktionsbereich Endodontie

Abteilung für Zahnerhaltungskunde der Philipps-Universität Marburg

e-mail: matthias.roggendorf@staff.uni-marburg.de