Herr Dr. Roggendorf, die Bewegungsform der Aufbereitung, also reziprok oder rotierend, ist reine Geschmacksfrage. Welche Tendenzen erkennen Sie?

Die Zielsetzung der ersten reziproken Systeme war in erster Linie eine „Vereinfachung“, also eine optimale Instrumentierung innerhalb kürzester Zeit. Das wurde oft werbewirksam eingesetzt. Vollrotierende Systeme hingegen weisen eine dauerhaft koronalwärts gerichtete Transportwirkung auf, Stichwort „archimedische Schraube“. Das ist natürlich optimal, um eine Extrusion von abgetragenem Gewebe (Dentin, Pulpa), aber auch Spülflüssigkeit und Mikroorganismen zu minimieren. Hierzu gibt es auch Daten von Gambarini et al. 2012, die zeigten, dass postoperative Beschwerden bei vollrotierenden Systemen im Vergleich zu ihren ähnlich gestalteten reziproken Pendants seltener auftraten.1

Wie begegnet das Feilensystem Procodile Q diesen Tendenzen?

Das reziproke System Procodile Q läutet in dieser Hinsicht eine neue Ära ein, weil es sich bereits bei der normalen Procodile, die nicht wärmebehandelt ist, um eine intelligente Feilen-Motor-Kombination handelt, welche die Vorteile beider Aufbereitungsarten vereint. Das bedeutet, dass im EndoPilot nicht eine einfache, stereotyp gleich agierende Vorwärts-Rückwärts-Bewegung erfolgt, sondern die Feile eine dauerhafte Vorwärtsbewegung vollzieht. Erst bei Eintritt einer Rückstellkraft, die von der Steuereinheit durch die permanente Auswertung der Daten als potenziell kritisch erachtet wird, erfolgt eine kurze alternierende Bewegung (die sog. ReFlex-Bewegung). Dabei sind zwei Modi einstellbar: der Dynamic Mode für gerade Kanäle und größere Wurzeln und der Smart Mode für gekrümmte und zierlichere Wurzeln. Ziel dieser Maßnahmen ist eine maximale Schonung der Zahnhartsubstanz sowie eine erhöhte Arbeitssicherheit. Schauen wir also zurück auf die ersten reziproken Systeme, deren Motoren noch nicht einmal mit einer Drehmomentbegrenzung für eine mögliche Lockerung im Kanal verkeilter Instrumente aufwiesen, ist dies ein Meilenstein.

Procodile besitzt einen variabel getaperten Feilenkern. Procodile Q hat diesen ebenfalls, ist zusätzlich allerdings wärmebehandelt, also vorbiegbar. Was bedeuten diese Aspekte für Flexibilität und Effizienz der Feile?

Schaut man sich ein Instrument mit einem Außenkonus an, so ist man bei deren Weiterentwicklung überrascht, wie sehr diese von der thermischen Behandlung profitiert. Die Kombination von hoher Schneideffizienz und thermischer Behandlung ist meines Erachtens genau der richtige Weg. Eine erhöhte Flexibilität bedeutet weniger Stress auf die Zahnwurzel. Instrumente mit einer höheren Rigidität führten in Finite-Element-Analysen zu einer erhöhten Belastung im Wurzeldentin.2 Zudem konnten wir in einer Langzeit-Kausimulationsstudie über einen Zeitraum von drei Jahren zeigen, dass klassische vollrotierende Instrumente mit einem größeren Taper zu einer höheren Mikrorissfortpflanzung führten.3 Allerdings war hier erstaunlich, dass ein passives, nicht-schneidendes Mehrfeilensystem gegenüber einem vollrotierenden Einfeilensystem keinen Vorteil brachte. Der Schneidleistung des Instruments kommt auf Basis dieser Erkenntnisse also eine wesentliche Bedeutung zu.

„Instrumente mit einer höheren Rigidität führten in Finite-Element-Analysen zu einer erhöhten Belastung im Wurzeldentin.“

Wie wurde die höhere Flexibilität bei Procodile Q erreicht?

Der nächste Schritt im Rahmen der Entwicklung war die Modifikation vom Konus des Instrumentenkerns, was beim Procodile-System durch den nach koronal hin degressiven Taper realisiert wurde. Somit wurde hier zusätzlicher Spanraum geschaffen, gleichzeitig konnte die Rigidität der Feile reduziert werden. Mit der konsequenten Weiterentwicklung durch eine thermische Behandlung wurde bei Procodile Q die Rigidität und damit die Rückstellkraft im Vergleich zur ursprünglichen Procodile-Feile sogar noch weiter reduziert, wodurch verringerte Kräfte auf die Zahnwurzel wirken. Nimmt man beide Punkte zusammen – degressiver Taper des Feilenkerns und die thermische Behandlung – so können wir davon ausgehen, dass die Belastung für den Zahn in der Summe weniger wird und bei identischem Versuchsaufbau eine geringere Mikrorissfortpflanzung ergeben sollte. Diese Effekte untersuchen wir gerade.

„Mit der konsequenten Weiterentwicklung durch eine thermische Behandlung wurde bei Procodile Q die Rigidität und damit die Rückstellkraft im Vergleich zur ursprünglichen Procodile-Feile sogar noch weiter reduziert, wodurch verringerte Kräfte auf die Zahnwurzel wirken.“

Procodile Q bietet mit sieben unterschiedlichen Größen, drei Tapern und drei Längen ein lückenloses Feilenspektrum. Wie lautet Ihr persönlicher Feilenplan für dieses System?

Schauen wir uns das Procodile Q-System an, so sind nicht alle Instrumente mit einem sechsprozentigen Taper versehen. Dieser ist bei Feilen der Größen 20, 25 und 30 vorhanden, bei 35 und 40 sind es nur noch fünf Prozent, bei den Größen 45 und 50 dann nur noch vier Prozent. Für mich eine sinnvolle und absolut nachvollziehbare Wahl. Ich werde auch von Kollegen immer mal gefragt, ob hier nicht größere Instrumente geplant sind und ob man dies vielleicht mal als Wunsch beim Hersteller Komet Dental angeben kann. Im Einzelfall, insbesondere bei eher runder Kanalgeometrie wie Oberkieferfrontzähnen, vielleicht auch zur Behandlung von jugendlichen Patienten, wäre dies durchaus sinnvoll. Aber bereits bei der Instrumentierung ovaler Wurzelkanäle von Eckzähnen mit einem ausgedehnten Endodont würde hier eine stärkere Schwächung bei einer höheren Aufbereitungsgröße die Folge sein. Hier kommen Feilensysteme wie die Procodile Q ins Spiel, die ein laterales oder zirkumferrentes Arbeiten erlauben. Das, was man sich früher mit der Hedströmfeile mühsam per Hand erarbeitete, lässt sich so durch die Procodile Q recht einfach maschinell durchführen. Persönlich habe ich keinen Feilenfavoriten, da es ja immer auf den Einzelfall ankommt. Wenn man, wie ich, bei über 90 Prozent der Behandlungsfälle endodontische Revisionen durchführt, so sind dies meist Molaren und Prämolaren. Hierbei wird allein aufgrund deren unterschiedlicher Wurzelgrößen klar, dass ich meist mehr als eine oder zwei Feilen benötige, sodass ich letztlich mit einem „Baukasten“ arbeite, wobei die mesialen Kanäle z. B. von Oberkiefermolaren meist eine 30 oder 35er-Größe erfordern, distobukkal oft 35, 40 oder 45, palatinal dann die Größe 50.

„Das, was man sich früher mit der Hedströmfeile mühsam per Hand erarbeitete, lässt sich so durch die Procodile Q recht einfach maschinell durchführen.“

Würden Sie zustimmen, dass die Kombi Procodile Q/EndoPilot eine neue Sicherheit in die Wurzelkanalaufbereitung gebracht hat?

Definitiv. In der Gesamtbetrachtung stellt der EndoPilot einen sehr zuverlässigen Partner für die Procodile Q dar, aber auch für das rotierende Feilensystem F360. Die technische Konzeption des Geräts mit den zuverlässigen Anschlüssen ist längst nicht branchenüblich. Zudem punktet der EndoPilot durch seine akkurate elektrische Längenbestimmung. Die simultane elektrische Längenmessung kann, falls gewünscht, permanent eingesetzt werden. Dies ist, mit dem zugehörigen Winkelstück, das über eine Durchleitung des Signals verfügt, ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal.

Patientenfall 1.1: Zustand vor Revision nach insuffizienter Wurzelkanalfüllung in Zahn 16. Zu erkennen ist die ausgedehnte knöcherne Läsion. Die Revision wurde mit einem Opener .10/#30 und ReStart (beide Komet Dental) und Eukalyptusöl durchgeführt.

Patientenfall 1.2: Röntgenmessaufnahme nach Revision der vorhandenen Wurzelkanalfüllung. Maschinelle Aufbereitung mit Procodile .04/#45 (mb und db) sowie .04/#50 (pal) mit zirkumferrenter Bearbeitung des ovalen Kanals. Anschließend erfolgte eine schallaktivierte Spülung der Wurzelkanäle mit NaOCl und EDTA sowie eine medikamentöse Einlage mit Calciumhydroxid für sechs Wochen.

Patientenfall 1.3: Kontrollröntgenaufnahme nach Reobturation mit dem biokeramischen Sealer KometBioSeal (Komet Dental) und Guttapercha. Kleine Sealerextrusion im periapikalen Bereich der Wurzelspitze (mb) erkennbar, die jedoch keinerlei Schmerzreaktion zur Folge hatte.

Patientenfall 2.1: Diagnostische Röntgenaufnahme (Scan des analogen Zahnfilms). Die nach Trauma durchgeführte Wurzelkanalfüllung an Zahn 21 ist in Länge und Homogenität insuffizient mit deutlicher periapikaler Knochenläsion als Folge mikrobieller Aktivität. Die Revision wurde mit einem Opener .10/#30 und ReStart in Kombination mit Eukalyptusöl vorgenommen. Die Längenbestimmung erfolgte mittels EndoPilot 1 (Schlumbohm/Komet Dental). Nach zirkumferrenter Aufbereitung und finaler Instrumentierung mittels K-Feile und K-Feile ISO 80 wurde eine schallaktivierte Spülung mit NaOCl und EDTA vor der abschließenden medikamentösen Einlage mit Calciumhydroxid durchgeführt.

Patientenfall 2.2: Röntgenkontrollaufnahme nach Reobturation mit KometBioSeal (Komet Dental) und Guttapercha. Einlage von CHX-Gel und Schaumstoffpellets vor der provisorischen Versorgung. Dies ermöglichte eine spätere farbliche Anpassung des Zahns durch eine direkte Kompositrestauration.

Dr. Matthias J. Roggendorf

Georg-Voigt-Straße 3
35039 Marburg
Deutschland

1 Gambarini G, Al Sudani D, Di Carlo S, Pompa G, Pacifici A, Pacifici L, Testarelli L. Incidence and intensity of postoperative pain and periapical inflammation after endodontic treatment with two different instrumentation techniques. European Journal of Inflammation 10, 99-103 (2012).

2 Kim HC, Lee MH, Yum J, Versluis A, Lee CJ, Kim BM. Potential relationship between design of nickel-titanium rotary instruments and vertical root fracture. Journal of Endodontics 36, 1195-1199 (2010).

3 Heberer MT, Roggendorf HC, Faber FJ, Lawrenz NA, Frankenberger R, Roggendorf MJ. Longitudinal craze line propagation in human root dentin after instrumentation with NiTi rotary files of different tapers after long-term chewing simulation. Clinical Oral Investigations https://doi.org/10.1007/s00784-021-04238-3 (2021).

Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 2/22, OEMUS MEDIA AG

Hier finden Sie weitere Beiträge zu Endodontologie.

Herr Dr. Christofzik, bitte stellen Sie Ihre Patientin kurz vor.

Die 40-jährige Patientin wurde mir von einem Überweiser geschickt, der die Behandlung an Zahn 47 bereits begonnen hatte. Er hatte korrekt trepaniert und auch alle Kanäle mesiobukkal, mesiolingual und distal aufgefunden, jedoch es nicht geschafft, deren unteres, stark gekrümmtes Drittel aufzubereiten. Er hat den Wurzelkanal nicht verblockt, sondern hat an der richtigen Stelle aufgehört zu behandeln und überwiesen. Die Patientin stand einen Tag später in meiner Praxis und klagte über hochakute Schmerzen, verursacht durch das entzündete Nervengewebe im apikalen Drittel.

Welche Überlegungen folgten als nächstes?

Es brauchte für diese Indikation definitiv wärmebehandelte Feilen wie FQ (Komet Dental), die mir die nötige Flexibilität bieten. Denn theoretisch soll die Flexibilität dieser Instrumente gerade im Grenzbereich bei starken Krümmungsradien zu deutlichen
Aufbereitungsvorteilen führen. Ob ich das praktisch in diesem Extremfall würde umsetzen können, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Glücklicherweise gibt es überhaupt solche Weiterentwicklungen der Nickel-Titan-Produkte. Meine Entscheidung fiel außerdem auf das FQ-System, weil es Feilendurchmesser ISO 20-55 und Taper 04/06 bietet, mit denen sich
grundsätzlich ein Behandlungsspektrum von einfach bis komplex abdecken lässt. Und ich wusste, dass ich mit dem EndoPilot in mehrfacher Hinsicht eine sichere Komplettlösung an meiner Seite habe: als Apexlokator in Echtzeit mit Stoppfunktion, zur Aufbereitung und zur dreidimensionalen Obturation. Das alles war also einen Versuch wert, sich an einen Grenzfall zu wagen, der herausfordernd war und nicht alle Tage vorkommt.

Wo stiegen Sie dann in die Behandlung ein?

Gerade bei stark gekrümmten Kanälen ist es wichtig, eine primäre Zugangskavität zu schaffen, die einen geradlinigen Zugang erlaubt. Durch die Vorarbeit des Kollegen musste ich hier nicht mehr viel dafür tun, aber grundsätzlich greife ich gerne zu zylindrischen Diamanten wie DIAO KP6882.314.012 (Komet Dental), dann zum EndoTracer (Komet Dental) in meinen
favorisierten Größen grün, rot und weiß und anschließend zur Patency Handfeile Gr. 010 (Komet Dental) sowie dem PathGlider in Gr. 015. Ich verschaffte mir also einen guten Überblick über die Kanalsysteme, wenngleich sich mit Blick von oben nichts Besonderes darstellte, die Herausforderung lag laut DVT ja mit den Krümmungen in der Tiefe.

Beschreiben Sie bitte, wie Sie bei der Aufbereitung dann auf Arbeitslänge kamen.

Nach der Gleitpfaderstellung startete ich mit FQ (020/.04). Bereits hier wären normale, nicht vorbiegbare NiTi-Feilen ans Limit gekommen. Die neuralgische Grenze bei wärmebehandelten/nicht wärmebehandelten Feilen liegt für mein Empfinden exakt zwischen den Größen 015 und 020. Ich arbeitete mich also immer ein paar Schritte weiter im Kanal vorwärts von FQ (020/.04) zu FQ (020/.06). Das reichte mir aber noch nicht als Endaufbereitungsgröße und ich sprang auf FQ (025/.06). Zwischendurch spülte ich ausgiebig und rekapitulierte jeweils mit der Patency Handfeile. An dieser Stelle möchte ich herausstellen, dass dieser Fall schön aufzeigt, dass man sich nicht immer zwingend an ein starres Aufbereitungsprotokoll halten muss. Die Kombination beider Aufbereitungswege zeichnet das FQ-System besonders aus und kann übrigens auch für einfachere Fälle angewendet werden.

Hatten Sie schon vor der Aufbereitung die Art der Abfüllung im Hinterkopf?

Ja absolut. Die Anatomie des Kanalsystems bestimmt die Art der Obturationsmethode. Mir war von Anfang an klar, dass dieser Fall nicht per DownPack und BackFill-Methode mittels der warmen vertikalen Kondensationstechnik zu lösen war. Der Grund: Die Krümmungen im apikalen Drittel waren in diesem Grenzfall ja mehrere Millimeter lang und somit wäre eine Warm/Vertikal-Kondensation kaum möglich gewesen. Aufbereitungsgröße und Taper waren dafür aber viel zu gering. Ich sah die Lösung in der hydraulischen, biokeramischen Wurzelfüllung mit KometBioSeal (Komet Dental).Ich erlebe jedes Mal große Erleichterung. Die Feilen sind sogar mit Foto hinterlegt. Auch individuelle Sequenzen und Marktneuzugänge können per Software-Update aufgespielt werden.

Wie gingen Sie bei der Obturation mit KometBioSeal vor?

Ich brachte mit der grazilen Spritze KometBioSeal zu zwei Drittel in das Kanalsystem ein und erzeugte dann mit einem passenden Masterpoint den hydraulischen Druck für die Verteilung in die Spitze. Wichtig ist außerdem, die Guttapercha nach Abschmelzen koronal gut mit Pluggern zu verdichten, um den perfekten Verschluss des Kanalsystems zu erreichen. Die Abtrennung der Guttapercha klappt übrigens sauber mit der Heizspitze vom DownPack (eine mögliche Erweiterung des EndoPiloten), das ist eine viel einfachere Technik als mit einem über der Flamme erhitzten Instrument.

Dr. David William Christofzik
Wurzelwerk
Niemannsweg 46
24105 Kiel
Deutschland

Erstveröffentlichung in ZWP spezial 12/2023

Robert Gorgolewski
Zahnarzt Robert Gorgolewski

Robert Gorgolewski beschreibt sich selbst als Generalisten. Er bietet neben Endodontie auch Implantologie in seiner ganzheitlich ausgerichteten Praxis in Lüneburg an und hat sich über das Curriculum Endodontie der Endoplus Akademie soweit weitergebildet, dass er im Komet Kursprogramm „EndoFit“ als Referent auftritt.

Der Zahnarzt setzt in seiner Praxis sämtliche Disziplinen moderner Zahnheilkunde um und findet, dass die Endodontie der ganzheitlichen Ausrichtung keinen Abbruch tut. Anscheinend ist er aber in diesem Bereich so gut, dass ihm die Kollegen aus der Region die komplizierten Fälle überweisen, wie stark gebogene oder enge Kanäle, schwierige Revisionen, frakturierte Instrumente etc.

Ausgestattet ist er mit DVT (Gendex), digitalem Röntgen (Planmeca ProScanner™ mit Speicherfolie), Tubus direkt am Stuhl, EndoPilot (Komet Dental) und OP-Mikroskop (Flexion, HanChaDent). Das macht ihn zum idealen Ansprechpartner und „EndoFit“-Tutor für all die Zahnärzte, welche die Endodontie als Teil ihres Leistungsspektrums so gut wie möglich praktizieren möchten, ohne sich eigens darauf spezialisiert zu haben.

Welche Kriterien müssen Endo-Instrumente bzw. Feilen erfüllen, damit sie in Ihre Routine aufgenommen werden?

In meinen Vorträgen gibt es eine Folie, auf der drei Punkte stehen, die Ihre Frage beantworten: flexibel, einfach und konstanter Taper. Ich liebe „einfach“. Nur so gelingt für den Zahnarzt, der unter anderem endodontische Behandlungen durchführt, ein sicheres und zügiges Prozedere. Er will nicht mit acht Feilen hantieren oder gegen Ende der Sequenz plötzlich den Taper .04 auf .06 wechseln, denn das verändert den Lauf der Feile. Diese Feinheiten sind Endo-Spezialisten vorbehalten.

Zu welchem Instrument greifen Sie für die Herstellung der primären Zugangskavität?

Bei Schaffung der primären Zugangskavität müssen nicht nur das Pulpakammerdach, sondern auch die Dentinüberhänge abgetragen werden. Dafür braucht es Spezialinstrumente, die einen geradlinigen Zugang schaffen, sodass die Feilen schließlich ohne koronale Interferenzen nach unten geführt werden können. Die Pulpakammer eröffne ich mit einem Diamanten (6881.314.012) und schaffe mir einen ersten groben Überblick.

Dann greife ich zum EndoGuard für die Entfernung von Dentinüberhängen. Dieser besitzt eine glatte Spitze, die gleichzeitig den Pulpakammerboden schützt. Im nächsten Schritt nehme ich den EndoTracer, mit dem ich kalzifizierte Kanäle, Sekundärkaries oder Reste von Kunststoffaufbauten bei einer Revision sowie die Darstellung der Kanaleingänge in den Griff bekomme. Den EndoTracer schätze ich sehr, weil er ein besonders langer Rosenbohrer (31 und 34 mm) mit schlankem Hals ist. Dieses Instrumentendesign erlaubt mir eine wunderbare Sicht am OP-Mikroskop vorbei in die Zugangskavität.

„Ich liebe ‚einfach‘.
Nur so gelingt für den
Zahnarzt ein sicheres
und zügiges Prozedere.“

Mit ihm kann ich die Pulpakammerbodenanatomie schön darstellen, die Wurzelkanaleingänge substanzschonend eröffnen und obliterierte Kanäle freilegen. In den EndoFit-Kursen betone ich an dieser Stelle immer, dass zur Schaffung der primären Zugangskavität eigentlich nur diese drei Instrumente vonnöten sind: ein Diamant, der EndoGuard und der EndoTracer.

Wie gehen Sie weiter vor, um die sekundäre Zugangskavität zu schaffen?

Für die koronale Erweiterung des Wurzelkanals arbeite ich gerne mit dem Opener (OP10L19). Seine Hauptaufgabe ist es, allen folgenden Feilen den „Stress“ zu nehmen. Durch seinen Doppel-s-Querschnitt ist er sehr flexibel und schützt vor Überpräparation. Und weil der Opener koronal infiziertes Gewebe gründlich abträgt, ist er mein Lieblingsinstrument im Notdienst.

Wenn ich mit ihm schon die ersten Millimeter vordringen kann und dann gründlich spüle, ist ein Großteil der Bakterien bereits entfernt. Wer mit dem Opener vorarbeitet, wird schnell bemerken, dass sich nach der Sondierung mit einer Patency-Feile anschließend der PathGlider ganz leicht einführen lässt, um auf ganze Länge zu kommen. Opener und PathGlider sehe ich also als Einheit, ein festes Instrumententeam.

Aufnahme vor Kanaldarstellung
Abb. 1: Die Aufnahme vor Kanaldarstellung: Der längliche Isthmus mit Restgewebe ist eine ideale Indikation für den EndoTracer (Komet Dental). – Abb. 2: Der Einsatz des EndoTracers. – Abb. 3: Die koronale Erweiterung mit dem Opener 25.08 (Komet Dental). – Abb. 4: Die Gleitpfaderstellung mit dem PathGlider 15.03 (Komet Dental). – Abb. 5: Die Wurzelkanalaufbereitung mit F360 25.04. – Abb. 6: Die Kanaldarstellung nach Aufbereitung und Spülung.

Welche Anforderungen an die Formgebung müssen durch Feilen erfüllt werden?

Der originäre Kanalverlauf sollte durch einen gleichmäßigen Materialabtrag beibehalten werden, ohne dass eine unnötige Schwächung der Wurzel eintritt. Das heißt für mich, dass die Feilen jede Krümmung mitgehen und keine Stufen produzieren. Außerdem bin ich ein Fan von konischen Arbeitsteilen, was bei einem .04 Taper natürlich nicht ganz so ausgeprägt ist wie bei einem .06 Taper. Aber der .04 Taper unterstützt einfach den mikroinvasiven Gedanken, den ich in meiner Praxis umsetze.

Wann überweise ich zum Endo-Spezialisten?

  • obliterierte Kanäle
  • Stufenbildung/kein Durchkommen zum Apex
  • extrem stark gekrümmte Kanäle
  • Verdacht auf nicht auffindbare Kanäle
  • Instrumentenfraktur
  • Revision

Welche Feilen setzen Sie bevorzugt für die Wurzelkanalaufbereitung ein?

Ich arbeite seit 2016 gerne mit dem Feilensystem F360, denn als „Rotierer“ bevorzuge ich kleinere Taper und rate das übrigens auch allen Einsteigern. Durch die .04-Konizität der F360 ist die Feile extrem flexibel und eignet sich auch für gebogene und enge Kanäle. Die Feilen halten die Gefahr von Aufbereitungsfehlern und Microcracks niedrig und liefern leicht reproduzierbare Ergebnisse. Die archimedische Schraube im Feilendesign trägt das Material wunderbar nach koronal ab, ohne zu verklemmen. Die „Single-use“-Anwendung und der große Spanraum unterstützen zudem die Fraktursicherheit. All diese Faktoren geben mir bei der Anwendung Sicherheit.

Trotzdem sind Ermüdungsfrakturen möglich. Wie kann man diese vermeiden?

In den EndoFit-Kursen gebe ich den Tipp: viel Spülenwenig Druck ausüben, das Instrument stressfrei einfach laufen lassen und die Feile nach der „pecking motion“ immer mal auf Sicht kontrollieren. Denn wenn sie im Kanal Stress ausgesetzt war, ändert sich ihr Instrumentendesign durch Veränderung der kristallinen Struktur des Nickel-Titans. Grundsätzlich sind alle Feilen im Komet-Sortiment als „Single-use“-Feilen konzipiert und damit immer neu.

Sie arbeiten also weitestgehend mit Systemen aus dem Angebot eines Anbieters …

Ja, ich finde es aus logistischen Gründen praktisch, wenn alle Produkte aus einer Hand stammen. Wenn der persönliche Komet-Fachberater in meiner Praxis vorbeikommt, kann alles in einem Gespräch aufgearbeitet bzw. stimmig ergänzt werden. Für mich läuft die Bevorratung seitdem entspannter ab. Und die Qualität der Instrumente sehe ich bei Komet immer für gegeben. So wurde ich z. B. auf Endo ReStart aufmerksam.

Röntgenaufnahmen
Abb. 7a: Röntgenaufnahme der Ausgangssituation: eine distale und leicht apikale Aufhellung des mesialisierten Zahn 17. – Abb. 7b: Röntgenmessaufnahme. – Abb. 7c: Kontrollaufnahme nach der Wurzelfüllung: diverse Seitenkanäle sind sichtbar. – Abb. 8a: Röntgenaufnahme der Ausgangssituation: Zahn 37 mit apikaler Aufhellung. – Abb. 8b: Röntgenmessaufnahme. – Abb. 8c: Die Röntgenkontrollaufnahme nach der Wurzelfüllung.

Mit Endo ReStart spannen wir den Bogen zur Revision. Welche Tipps können Sie hier zum Instrumentieren geben?

In meinen Endo-Kursen höre ich immer wieder heraus, dass es mir ursprünglich ähnlich erging wie den Kollegen: Ich missbrauchte für die Revision die regulären Feilen. Mit Endo ReStart läuft das jetzt professioneller ab, weil die Instrumente speziell auf Guttapercha abgestimmt wurden. Der Endo ReStart Opener ähnelt ein wenig dem regulären Opener; man ist also schnell mit dem Instrument vertraut. Er leistet die Vorarbeit und frisst sich sehr gut in das Wurzelfüllmaterial im koronalen Drittel hinein.

Anschließend greife ich zur Endo ReStart Feile. Diese arbeitet mit ihrer nichtschneidenden Spitze, dem konstanten Taper .05 und dem Dynamic Twist die typischen Guttaperchaschlieren effektiv nach koronal weg. Taper .05 finde ich an dieser Stelle ideal, weil der Sprung der zu revidierendenWurzelfüllung zur arbeitenden Feile nicht so enorm ist wie bei manch anderen Revisionsfeilen.

„Theoretisch ist
endodontisch heute fast
alles erfolgreich umsetzbar.“

 Revision mit dem System Endo ReStart
Abb. 9: Die Revision mit dem System Endo ReStart (Komet Dental). Durch den „Dynamic Twist“ werden längere Guttaperchafasern in einem Zug herausbefördert.

Braucht der Generalist Ihrer Meinung nach ein OP-Mikroskop, um lege artis arbeiten zu können?

Ich glaube, nein. Ich meine, behaupten zu können, bisher mit der Lupenbrille alle Wurzelkanäle erfolgreich gefunden und aufbereitet zu haben. Die Lupenbrille mit Beleuchtung reicht grundsätzlich für einen Generalisten. Ich habe in ein OP-Mikroskop investiert, weil ich für meine Referententätigkeit die Behandlungsfälle besser dokumentieren und fotografieren sowie meinen Rücken zukünftig mehr schonen möchte.

Wo ziehen Sie die Grenze in der Endodontie, wenn Sie in Ihrer Praxis auch Implantate anbieten?

Ein Implantologe würde sich tendenziell immer für das Implantat entscheiden, der Endodontologe für die Wurzelkanalbehandlung. Ich stehe mit meinem Leistungsspektrum in der Mitte und finde, dass die Basis für eine Entscheidung in der objektiven Aufklärung liegt. Alle Vor- und Nachteile beider Therapiewege müssen im Patientengespräch dargelegt werden. Grundsätzlich ist der eigene Zahn immer der beste. Theoretisch ist endodontisch heute fast alles erfolgreich umsetzbar. Die Einschränkungen liegen eher beim Zahn selbst, z. B. aufgrund von Parodontitis, Frakturen oder der Basisfrage, ob die Restsubstanz für den Zahnersatz reicht. Manchmal beeinflussen aber auch Versicherungsmodalitäten bzw. finanzielle Möglichkeiten die Entscheidung. Das Thema ist also sehr vielschichtig.

Was ist eine typische Frage von EndoFit-Teilnehmern?

Relativ große Unsicherheit höre ich immer beim Spülen heraus. Aber es gibt nicht DAS Spülprotokoll, jeder hat seinen individuellen Weg. Ich gebe im Kurs mein Spülprotokoll weiter, nach dem Motto: Ihr seht meine Röntgenbilder, ihr seht das Ergebnis, das wurde mit diesem Spülprotokoll erreicht. Das ist nur eine von vielen Fragen, die bei den EndoFit-Kursen individuell beantwortet werden.

Herr Gorgolewski, vielen Dank für das
Gespräch.

Kontakt
ZA Robert Gorgolewski
Zahnarzt Stadtkoppel
Stadtkoppel 23a
21337 Lüneburg
r.gorgolewski@zahnarzt-stadtkoppel.de

Hierbei handelt es sich um eine Zweitveröffentlichung.
Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 01/2019

Die Endodontie ist ein Produktfeld von Komet Dental. Doch nicht jeder Zahnarzt liebt diese Fachdisziplin oder fühlt sich darin zu 100 Prozent sicher. Laut eigener Aussage sind deshalb sieben Endo-Fachberater für das Lemgoer Unternehmen im Einsatz. Fünf von ihnen beantworten in einer Interview-Serie Fragen zu Kavitätenpräparation, Wurzelkanalaufbereitung, Motor, Obturation und Revision. Im dritten Teil der Interview-Reihe spricht Endo-Fachberaterin Vanessa Eggerth über maschinelle Feilensysteme.

Wann kommt in einem Beratungsgespräch der Motor zur Sprache?

Der EndoPilot kommt ins Spiel, wenn Kunden über Empfehlung auf mich zukommen. Ich präsentiere dann den Motor mit all seinen Haupteigenschaften, Feilenbibliothek und Längenmessung. Schnell bemerkt der Kunde, dass die Menüführung einfach ist und Unterschiede in der Längenmessung durch das Impulsmessverfahren bietet. Kompliziert will es niemand in der Praxis. Ich habe immer das Gefühl, dass Komet mit dem EndoPilot eine Lücke schließt.

Kommen wir zuerst zur Basisfunktion, dem Motor.

LED-Leuchten am Handstück zeigen die Drehmomentgrenze an. Ist das Drehmoment erreicht, verhindert die Twist-Funktion das Blockieren der Feile. Bei Apexannäherung wird das Drehmoment außerdem automatisch reduziert. Sobald der Apex erreicht ist, stoppt der EndoPilot kurz und läuft vorsichtig im Rechtslauf wieder an.

Sicherheit ist besonders nahe vom Apex gefragt. Die Längenmessung hat der Motor also integriert?

Ja, und zwar in Echtzeit. Der Zahnarzt hat die Feilenposition jederzeit unter Kontrolle, denn das Winkelstück leitet das Signal des Apexlocators direkt auf die Feile. Das geht schnell – was in Studien belegt wurde und sich in wissenschaftlichen Kreisen herumsprach. Von Referenten gab es hierzu immer wieder Zuspruch. Das Winkelstück ist samt dem Motor komplett isoliert.

Sobald der Apex erreicht ist, stoppt der EndoPilot kurz und läuft im Rechtslauf wieder an.
EndoPilot

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Feilendaten bibliothek“?

Das Menü hat einen Großteil der auf dem Markt erhältlichen Feilen mit ihren individuellen Sequenzen vorprogrammiert. Auch die, die nicht von Komet stammen. So kann der Kunde seine eigene Sequenz aus verschiedenen Feilensystemen zusammenstellen und in dem Programm myfile speichern und abrufen. Der Behandlungsablauf ist strukturiert und übersichtlich. Das werden auch Endo-Einsteiger so empfinden. Jeder klickt sich intuitiv und zügig durch die Sequenzen.

Endo-Fachberaterin Vanessa Eggerth
Endo-Fachberaterin Vanessa Eggerth

Welches Feedback erhalten Sie von der Assistenz?

Ich erlebe jedes Mal große Erleichterung. Die Feilen sind sogar mit Foto hinterlegt. Auch individuelle Sequenzen und Marktneuzugänge können per Software-Update aufgespielt werden.

Wie funktioniert das Update?

Das Update kann mithilfe der Micro-SD-Karte im Steuergerät in der Praxis aufgespielt werden. Die Dateien können per E-Mail empfangen und am Computer auf die Micro-SD-Karte kopiert werden. Danach muss die Karte wieder in das Steuergerät eingesetzt werden. Das System startet automatisch das Update und führt den Nutzer durch das weitere Vorgehen.

Zweitveröffentlichung aus DZW | Ausgabe 27/2018