Mit Glasfaserstiften Grenzfälle meistern.
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Mit Glasfaserstiften Grenzfälle meistern.

Eine Wurzelstiftversorgung soll folgende Kriterien erfüllen: Den Zahn langfristig funktionell belastbar wiederaufbauen, die Rest­zahnsubstanz vor Frakturen schützen und bakterielles Leakage durch den Wurzelkanal vermeiden. Wie mit dem kurzen Wurzel­stift DPXCL6 von Komet Dental eine absolute Grenzsituation im sensiblen Frontzahnbereich funktionell wie ästhetisch gerettet werden kann, zeigt der nachfolgende Anwenderbericht.

Jeder Zahnarzt kennt die kritische Entscheidung, ob ein endodontisch vorbehandelter Zahn mit einer frakturierten, klinischen Krone durch eine geeignete Rekonstruktion mittels eines Stift- oder Schraubenaufbaus überhaupt noch behandelt werden kann. Ist dann überhaupt noch genügend Retention für den späteren Aufbau und die prothetische Versorgung gegeben? Limitierende Faktoren sind der Zustand des Dentins im Bereich des Kanaleingangs, der Grad der Zerstörung des Zahnes (häufig sind diese Zähne stark kariös und bieten nur noch wenig gesunde Zahnhartsubstanz), die Kanalanatomie und die zu erwartende biologische Breite für die geplante spätere prothetische Versorgung. Im Grundsatz stellt sich für uns Zahnärzte also die Frage: Gibt es in solchen Grenzfällen einen Wurzelstift, mit dem trotz aller widriger Umstände ein stabiles und ästhetisches Langzeitresultat erzielt werden kann?

Der Markt bietet Wurzelstifte aus unterschiedlichen Materialien (z. B. glasfaserverstärktes Komposit, Titan, Zirkonoxid, Gusslegierung) und in umfassenden Formen und Größen an. Sie bedienen diverse Indikationen und Aufbaumöglichkeiten. Nun sind wir keine ausgewiesene Spezialpraxis für Endodontie, sind aber im Praxisalltag mit vielen Extremsituationen mit hohem Zerstörungsgrad konfrontiert. 2015 wurde ich auf den beschichteten Glasfaserstift DentinPost X Coated (DPXCL6) aufmerksam. Er sticht durch drei besondere Eigenschaften hervor: seine Beschichtung, den ausgeprägten Retentionskopf und die extrem kurze Schaftlänge. Die Beschichtung (vollständig silikatisiert, silanisiert und mit einer haftvermittelnden Polymerschicht versehen) sorgt für eine sehr gute Retention, denn zwischen Stift und Komposit kann eine identische Grenzfläche von apikal bis koronal entstehen. Der große Retentionskopf fällt sofort ins Auge und sorgt für eine gut verteilte Kraftübertragung in den Bereich der Wurzel.

Die kurze Schaftlänge von nur 6 mm folgt laut Herstellerangabe dem Ergebnis von Spannungsverteilungstests, die ergaben, dass es bei kurzen Stiften im apikalen Bereich keine nennenswerte Spannungszunahme gibt. Aufgrund der geringen Verankerungstiefe wird die Zahnwurzel also nicht zusätzlich geschwächt und der Behandler läuft nicht Gefahr einer Via falsa. Inzwischen arbeite ich seit drei Jahren mit dem DentinPost X Coated-Set. Es enthält neben den zehn DPXCL6-Wurzelstiften in einer Größe (070 bzw. 090) die zugehörigen Aufbereitungsinstrumente, also einen Pilotbohrer (Ref. 183LB), einen Erweiterer (Reamer, Ref. 196S) und ein Aufrauinstrument (Ref. 196DS). Der DPXCL6 ergibt mit dem in unserer Praxis individuell angefertigten CEREC-Keramikzahnersatz eine wunderbare Kombination: Schnell, unkompliziert und professionell kommen wir selbst bei Grenzfällen zu beeindruckenden Ergebnissen in kürzester Zeit, wie der folgende Patientenfall zeigt.

Patientenfall

Bei dem 76-jährigen Patienten ist Zahn 22 isogingival frakturiert, die Pulpa sichtbar, Schmerzen vorhanden. Bei der Überlegung, wie der Zahn wieder aufgebaut werden kann, fällt die Entscheidung gegen eine Implantation, denn es handelt sich um einen Marcumar-Patienten mit eingeschränkter Compliance. Auf dem röntgenologischen Befund stellt sich die Wurzel von Zahn 22 einwandfrei dar. Die Voraussetzung für den DPXCL6 ist in diesem Fall gegeben, weil eine zirkuläre koronale Restsubstanz von 2,00 mm bei dem Patienten gerade noch vorhanden ist. Der kurze Stift erfordert außerdem ein Ferrule-Design (sonst chirurgische Kronenverlängerung) und eine apikale Restwurzelfüllung von mindestens 4 mm.

Nach der Wurzelbehandlung stellt die Instrumentierung beim DPXCL6 eine kleine Ausnahme innerhalb des bekannten ER-Systems dar. Mit dem Erweiterer 196S können der Retentionskasten und das Stiftbett gleichzeitig präpariert werden. Da dieser formkongruent zum Wurzelstift ist, kann ich mich mit Sicht auf die tiefliegende Guttapercha sehr gut im Kanal orientieren. Anschließend geben ein Röntgenbild und eine Passprobe Klarheit über die Gesamtsituation.

Krone abgebrochen

Nun folgt die mechanische Konditionierung mit dem Aufrauinstrument 196DS durch zwei- bis dreimaliges druckloses Rotieren. Die Insertion des DPXCL6 geschieht anschließend mit geringem Druck. Unter leicht drehender Bewegung wird das Handlingsteil einfach abgeknickt. Zur Stiftbefestigung und zum Stiftaufbau verwende ich das selbstätzende Adhäsiv Dentin-Bond Evo und DentinBuild Evo (beide Komet Dental) als Komposit aus der Minimix-Spritze. Beide Produkte sind dualhärtend.

Nach der Präparation, dem Legen eines Retraktionsfadens, dem Scan mit der Omnicam (Dentsply Sirona), der Konstruktion mit der Software 4.5 und der Farbnahme mittels Easyshade®-Guide (VITA) konnte der Patient circa 20 Minuten im Wartezimmer Platz nehmen. Währenddessen wird der neue Zahn per CEREC aus Celtra Duo (Dentsply Sirona) ausgeschliffen, dann am Patienten anprobiert, individualisiert und anschließend im Ofen kristallisiert, wodurch wir eine Härte von 370 MPa erhalten. Nach insgesamt nur zwei Stunden konnte der Patient mit einer ästhetisch und funktionell einwandfreien Frontzahnreihe die Praxis wieder verlassen.

Glasfaserstift

Resümee: Grenzfall im Grenzfall

Mir ist bewusst: Dies ist ein extremer Fall für eine Stiftversorgung. Die Vorgaben für einen Wurzelstift (koronale Restsubstanz von 2,00 mm) waren nur grenzwertig erfüllt. Bei korrekter Abwägung blieben dem Risikopatienten jedoch ein extrem invasiver Eingriff, sprich Extraktion und Implantation, erspart. Der „Grenzfall im Grenzfall“ konnte dank des kurzen Wurzelstiftes DPXCL6 zur vollsten Zufriedenheit für Behandler und Patient minimalinvasiv umgesetzt werden. Behandlungen dieser Art, bei denen ich mich „weit aus dem Fenster lehne“, sind in meiner Praxis tatsächlich zur Routine geworden: schnell, unkompliziert, nicht invasiv und mit einer guten Langzeitprognose.

Ich empfinde es als sehr vorteilhaft, dass in dem Set jeweils zehn DPXCL6-Stifte mit dem komplett passenden Instrumentarium ausgestattet sind (Pilotbohrer 183LB, Erweiterer 196S und Aufrauinstrument 196DS). Das verhindert den versehentlichen Einsatz etwaiger stumpfer Instrumente. Dank der CEREC-Fertigung können unangenehme Abdrücke oder Provisorien sowie ein weiterer Behandlungstermin zum Einsetzen der Restauration entfallen. Dadurch ist man sehr flexibel im Praxisalltag und kann auch spontan viele sonst schwierige Fälle adäquat rekonstruieren. Der zahnfarbene Glasfaserstift DPXCL6 unterstützt das ästhetische Ergebnis maßgeblich.

Kontakt

Dr. Hendrik Zellerhoff
Königstraße 20
48366 Laer
hzelle@gmx.de

Zweitveröffentlichung aus Endodontie Journal 03/2017

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