Instrumententipps für Generalisten
Endodontie gehört für die meisten Zahnärzte zum Behandlungsangebot ihrer Praxis. Jedoch kann nicht jeder Fall entsprechend therapiert werden. Hier wird der Patient dann zum Spezialisten überwiesen. Wie aber auch der Generalist auf dem Endodontie-Gebiet glänzen kann und worauf er bei der Instrumentierung achten sollte, erklärt Zahnarzt Robert Gorgolewski im nachfolgenden Interview.
Robert Gorgolewski beschreibt sich selbst als Generalisten. Er bietet neben Endodontie auch Implantologie in seiner ganzheitlich ausgerichteten Praxis in Lüneburg an und hat sich über das Curriculum Endodontie der Endoplus Akademie soweit weitergebildet, dass er im Komet Kursprogramm „EndoFit“ als Referent auftritt.
Der Zahnarzt setzt in seiner Praxis sämtliche Disziplinen moderner Zahnheilkunde um und findet, dass die Endodontie der ganzheitlichen Ausrichtung keinen Abbruch tut. Anscheinend ist er aber in diesem Bereich so gut, dass ihm die Kollegen aus der Region die komplizierten Fälle überweisen, wie stark gebogene oder enge Kanäle, schwierige Revisionen, frakturierte Instrumente etc.
Ausgestattet ist er mit DVT (Gendex), digitalem Röntgen (Planmeca ProScanner™ mit Speicherfolie), Tubus direkt am Stuhl, EndoPilot (Komet Dental) und OP-Mikroskop (Flexion, HanChaDent). Das macht ihn zum idealen Ansprechpartner und „EndoFit“-Tutor für all die Zahnärzte, welche die Endodontie als Teil ihres Leistungsspektrums so gut wie möglich praktizieren möchten, ohne sich eigens darauf spezialisiert zu haben.
Welche Kriterien müssen Endo-Instrumente bzw. Feilen erfüllen, damit sie in Ihre Routine aufgenommen werden?
In meinen Vorträgen gibt es eine Folie, auf der drei Punkte stehen, die Ihre Frage beantworten: flexibel, einfach und konstanter Taper. Ich liebe „einfach“. Nur so gelingt für den Zahnarzt, der unter anderem endodontische Behandlungen durchführt, ein sicheres und zügiges Prozedere. Er will nicht mit acht Feilen hantieren oder gegen Ende der Sequenz plötzlich den Taper .04 auf .06 wechseln, denn das verändert den Lauf der Feile. Diese Feinheiten sind Endo-Spezialisten vorbehalten.
Zu welchem Instrument greifen Sie für die Herstellung der primären Zugangskavität?
Bei Schaffung der primären Zugangskavität müssen nicht nur das Pulpakammerdach, sondern auch die Dentinüberhänge abgetragen werden. Dafür braucht es Spezialinstrumente, die einen geradlinigen Zugang schaffen, sodass die Feilen schließlich ohne koronale Interferenzen nach unten geführt werden können. Die Pulpakammer eröffne ich mit einem Diamanten (6881.314.012) und schaffe mir einen ersten groben Überblick.
Dann greife ich zum EndoGuard für die Entfernung von Dentinüberhängen. Dieser besitzt eine glatte Spitze, die gleichzeitig den Pulpakammerboden schützt. Im nächsten Schritt nehme ich den EndoTracer, mit dem ich kalzifizierte Kanäle, Sekundärkaries oder Reste von Kunststoffaufbauten bei einer Revision sowie die Darstellung der Kanaleingänge in den Griff bekomme. Den EndoTracer schätze ich sehr, weil er ein besonders langer Rosenbohrer (31 und 34 mm) mit schlankem Hals ist. Dieses Instrumentendesign erlaubt mir eine wunderbare Sicht am OP-Mikroskop vorbei in die Zugangskavität.
„Ich liebe ‚einfach‘.
Nur so gelingt für den
Zahnarzt ein sicheres
und zügiges Prozedere.“
Mit ihm kann ich die Pulpakammerbodenanatomie schön darstellen, die Wurzelkanaleingänge substanzschonend eröffnen und obliterierte Kanäle freilegen. In den EndoFit-Kursen betone ich an dieser Stelle immer, dass zur Schaffung der primären Zugangskavität eigentlich nur diese drei Instrumente vonnöten sind: ein Diamant, der EndoGuard und der EndoTracer.
Wie gehen Sie weiter vor, um die sekundäre Zugangskavität zu schaffen?
Für die koronale Erweiterung des Wurzelkanals arbeite ich gerne mit dem Opener (OP10L19). Seine Hauptaufgabe ist es, allen folgenden Feilen den „Stress“ zu nehmen. Durch seinen Doppel-s-Querschnitt ist er sehr flexibel und schützt vor Überpräparation. Und weil der Opener koronal infiziertes Gewebe gründlich abträgt, ist er mein Lieblingsinstrument im Notdienst.
Wenn ich mit ihm schon die ersten Millimeter vordringen kann und dann gründlich spüle, ist ein Großteil der Bakterien bereits entfernt. Wer mit dem Opener vorarbeitet, wird schnell bemerken, dass sich nach der Sondierung mit einer Patency-Feile anschließend der PathGlider ganz leicht einführen lässt, um auf ganze Länge zu kommen. Opener und PathGlider sehe ich also als Einheit, ein festes Instrumententeam.
Welche Anforderungen an die Formgebung müssen durch Feilen erfüllt werden?
Der originäre Kanalverlauf sollte durch einen gleichmäßigen Materialabtrag beibehalten werden, ohne dass eine unnötige Schwächung der Wurzel eintritt. Das heißt für mich, dass die Feilen jede Krümmung mitgehen und keine Stufen produzieren. Außerdem bin ich ein Fan von konischen Arbeitsteilen, was bei einem .04 Taper natürlich nicht ganz so ausgeprägt ist wie bei einem .06 Taper. Aber der .04 Taper unterstützt einfach den mikroinvasiven Gedanken, den ich in meiner Praxis umsetze.
Wann überweise ich zum Endo-Spezialisten?
- obliterierte Kanäle
- Stufenbildung/kein Durchkommen zum Apex
- extrem stark gekrümmte Kanäle
- Verdacht auf nicht auffindbare Kanäle
- Instrumentenfraktur
- Revision
Welche Feilen setzen Sie bevorzugt für die Wurzelkanalaufbereitung ein?
Ich arbeite seit 2016 gerne mit dem Feilensystem F360, denn als „Rotierer“ bevorzuge ich kleinere Taper und rate das übrigens auch allen Einsteigern. Durch die .04-Konizität der F360 ist die Feile extrem flexibel und eignet sich auch für gebogene und enge Kanäle. Die Feilen halten die Gefahr von Aufbereitungsfehlern und Microcracks niedrig und liefern leicht reproduzierbare Ergebnisse. Die archimedische Schraube im Feilendesign trägt das Material wunderbar nach koronal ab, ohne zu verklemmen. Die „Single-use“-Anwendung und der große Spanraum unterstützen zudem die Fraktursicherheit. All diese Faktoren geben mir bei der Anwendung Sicherheit.
Trotzdem sind Ermüdungsfrakturen möglich. Wie kann man diese vermeiden?
In den EndoFit-Kursen gebe ich den Tipp: viel Spülen, wenig Druck ausüben, das Instrument stressfrei einfach laufen lassen und die Feile nach der „pecking motion“ immer mal auf Sicht kontrollieren. Denn wenn sie im Kanal Stress ausgesetzt war, ändert sich ihr Instrumentendesign durch Veränderung der kristallinen Struktur des Nickel-Titans. Grundsätzlich sind alle Feilen im Komet-Sortiment als „Single-use“-Feilen konzipiert und damit immer neu.
Sie arbeiten also weitestgehend mit Systemen aus dem Angebot eines Anbieters …
Ja, ich finde es aus logistischen Gründen praktisch, wenn alle Produkte aus einer Hand stammen. Wenn der persönliche Komet-Fachberater in meiner Praxis vorbeikommt, kann alles in einem Gespräch aufgearbeitet bzw. stimmig ergänzt werden. Für mich läuft die Bevorratung seitdem entspannter ab. Und die Qualität der Instrumente sehe ich bei Komet immer für gegeben. So wurde ich z. B. auf Endo ReStart aufmerksam.
Mit Endo ReStart spannen wir den Bogen zur Revision. Welche Tipps können Sie hier zum Instrumentieren geben?
In meinen Endo-Kursen höre ich immer wieder heraus, dass es mir ursprünglich ähnlich erging wie den Kollegen: Ich missbrauchte für die Revision die regulären Feilen. Mit Endo ReStart läuft das jetzt professioneller ab, weil die Instrumente speziell auf Guttapercha abgestimmt wurden. Der Endo ReStart Opener ähnelt ein wenig dem regulären Opener; man ist also schnell mit dem Instrument vertraut. Er leistet die Vorarbeit und frisst sich sehr gut in das Wurzelfüllmaterial im koronalen Drittel hinein.
Anschließend greife ich zur Endo ReStart Feile. Diese arbeitet mit ihrer nichtschneidenden Spitze, dem konstanten Taper .05 und dem Dynamic Twist die typischen Guttaperchaschlieren effektiv nach koronal weg. Taper .05 finde ich an dieser Stelle ideal, weil der Sprung der zu revidierendenWurzelfüllung zur arbeitenden Feile nicht so enorm ist wie bei manch anderen Revisionsfeilen.
„Theoretisch ist
endodontisch heute fast
alles erfolgreich umsetzbar.“
Braucht der Generalist Ihrer Meinung nach ein OP-Mikroskop, um lege artis arbeiten zu können?
Ich glaube, nein. Ich meine, behaupten zu können, bisher mit der Lupenbrille alle Wurzelkanäle erfolgreich gefunden und aufbereitet zu haben. Die Lupenbrille mit Beleuchtung reicht grundsätzlich für einen Generalisten. Ich habe in ein OP-Mikroskop investiert, weil ich für meine Referententätigkeit die Behandlungsfälle besser dokumentieren und fotografieren sowie meinen Rücken zukünftig mehr schonen möchte.
Wo ziehen Sie die Grenze in der Endodontie, wenn Sie in Ihrer Praxis auch Implantate anbieten?
Ein Implantologe würde sich tendenziell immer für das Implantat entscheiden, der Endodontologe für die Wurzelkanalbehandlung. Ich stehe mit meinem Leistungsspektrum in der Mitte und finde, dass die Basis für eine Entscheidung in der objektiven Aufklärung liegt. Alle Vor- und Nachteile beider Therapiewege müssen im Patientengespräch dargelegt werden. Grundsätzlich ist der eigene Zahn immer der beste. Theoretisch ist endodontisch heute fast alles erfolgreich umsetzbar. Die Einschränkungen liegen eher beim Zahn selbst, z. B. aufgrund von Parodontitis, Frakturen oder der Basisfrage, ob die Restsubstanz für den Zahnersatz reicht. Manchmal beeinflussen aber auch Versicherungsmodalitäten bzw. finanzielle Möglichkeiten die Entscheidung. Das Thema ist also sehr vielschichtig.
Was ist eine typische Frage von EndoFit-Teilnehmern?
Relativ große Unsicherheit höre ich immer beim Spülen heraus. Aber es gibt nicht DAS Spülprotokoll, jeder hat seinen individuellen Weg. Ich gebe im Kurs mein Spülprotokoll weiter, nach dem Motto: Ihr seht meine Röntgenbilder, ihr seht das Ergebnis, das wurde mit diesem Spülprotokoll erreicht. Das ist nur eine von vielen Fragen, die bei den EndoFit-Kursen individuell beantwortet werden.
Herr Gorgolewski, vielen Dank für das
Gespräch.
Kontakt
ZA Robert Gorgolewski
Zahnarzt Stadtkoppel
Stadtkoppel 23a
21337 Lüneburg
r.gorgolewski@zahnarzt-stadtkoppel.de
Hierbei handelt es sich um eine Zweitveröffentlichung.
Erstveröffentlichung: Endodontie Journal 01/2019